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ARCO Lisboa: Chance auf den Boom

Lissabon boomt. Die Altstadt ist eine einzige Partyzone, jeder zweite Neubau scheint ein Hotel zu werden, vor allem wohlhabende Europäer legen sich hier einen Zweitwohnsitz zu. Spaniens Kunstmesse Arco hat den Trend rechtzeitig erkannt. Bereits im letzten Jahr hat sie ihren Ableger Arco Lisboa aus der Taufe gehoben. Die Boutique-Messe mit heuer 58 teilnehmenden Galerien in der Cordoaria Nacional, einer historischen Seilerei zieht sich über 400 Meter an der Mündung des Tejo entlang. Gegenüber sorgt der spektakuläre Neubau des MAAT – des Museums für Kunst, Architektur und Technlogie – für zusätzliche Attraktivität. Zahlreiche Galerien wurden seit dem letzten Jahr neu gegründet, bestehende haben sich vergrößert. Ein gutes Dutzend ist es bisher nur, die auf internationalem Niveau arbeiten. Erste Ableger von auswärtigen Galerien sind schon da, weitere sollen folgen. Monitor aus Rom hat nach einem zweijährigen Gastspiel in New York gerade einen Showroom eröffnet, mit Option auf ein langjähriges Engagement, wie Galeristin Paola Capata erklärt. Maisterravalbuena aus Madrid hat sich in einem ehemaligen Gewerbegebäude in einem Hinterhof niedergelassen. Pedro Maisterra begründet seine Präsenz hier mit dem geringen Austausch zwischen den beiden Nachbarländern. In Lissabon erreiche er andere Lateinamerikaner und Europäer als in Spanien. Galeristen und Arco, sie setzen offenbar auf den Zuzug potenter Sammler. Denn in Portugal gibt es nach einhelliger Meinung nur rund ein Dutzend Sammler von dem Format, dass sie sich etwa einen eigenen Ausstellungsraum leisten. Die Messe möchte daher den Marktplatz nicht überstrapazieren und setzt auf Kompaktheit. Das schmale Gebäude erzwingt einen ungewöhnlichen Parcours, der den Besucher zum Flaneur macht, die ganze Länge auf und auf der anderen Seite ab. Dazu gibt es einen ebenso großen Innenhof, in den sich die Aussteller mit ihren Gästen zum entspannten Plausch zurückziehen können. Das hauptsächlich zeitgenössische Angebot mit einigen etablierteren und klassischen Einsprengseln kommt offensichtlich an, das Vernissagepublikum war durchschnittlich eleganter und gesetzter als bei anderen Messen für zeitgenössische Kunst. Die Zusammensetzung der Aussteller ist auf die lokalen Verhältnisse angepasst: Ein Drittel der Galerien stammt aus Portugal, knapp noch einmal so viele aus Spanien. Einige sind aus Lateinamerika angereist, der Rest aus der EU. Mit Christopher Grimes ist nur ein US-Amerikaner dabei. Der Kalifornier ist langjähriges Mitglied des Zulassungskomitees der Muttermesse; für ihn ist die Teilnahme gleichermaßen Pfilicht wie quasi Heimspiel. Zwei deutsche Galerien sind dabei, und beide stammen aus der Hauptstadt: Die erst 2015 gegründete Nome Gallery und Żak l Branicka. Der Auftritt einer Berliner Galerie an der westlichen Peripherie Europas mag nicht auf Anhieb einleuchten. Asia Żak erklärt jedoch, die Solopräsentation von Jasmina Cibic sei in ihren Augen durchaus sinnvoll, weil die Künstlerin mit jugoslawischer Herkunft in einer modernistischen Tradition stehe, die auch in der portugiesischen Kunst tiefe Wurzeln habe. Ihr Kalkül scheint aufzugehen: Schon zur Eröffnung sind mehrere Arbeiten reserviert, von Portugiesen und Spaniern. Reges Interesse herrschte vor allem für prominente regionale Künstler wie Joana Vasconcelos und internationale Stars wie Erwin Wurm oder Muntean/Rosenblum. Mit einem Publikumsansturm rechnet der Veranstalter jedoch nicht: „Bei den Besucherzahlen rechnen wir mit etwa den 14.000 vom letzten Jahr“, erklärt Messedirektor Urroz. „Da war allerdings ein Feiertag dabei. Es kommt uns auch gar nicht auf die Besucherzahlen an, sondern auf die Qualität.“ Was andernorts als Schönrednerei zu gelten hätte, ist in Lissabon durchaus angebracht. Hier eine Massenveranstaltung aufbauen zu wollen, dürfte tatsächlich aussichtslos sein. Die Arco Lisboa ist eine Wette auf die Zukunft der Stadt und des Landes. Die Chancen stehen gar nicht mal schlecht.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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ARCO Lisboa
18 - 21.05.2017

Cordoaria Nacional
1300-342 Lisboa, Avenida da Índia s/n
http://www.ifema.es/arcolisboa_06/
Öffnungszeiten: Do-Sa 18-20, So 12-16 h


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