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BRAFA - Brussels Antiques and Fine Art Fair: Entspannte Edelmesse

Zugegeben: Januar ist eigentlich nicht die beste Zeit für einen Besuch in Brüssel. Doch für die Brafa, die entspannteste unter den Edelmessen, lohnt sich der Ausflug in die graue Hauptstadt Europas. Die Händlerorganisation Foire des Antiquaires de Belgique bemüht sich ständig um ein ausgewogenes Verhältnis der Sparten unter den 132 Händlern. Das mittlerweile eher berüchtigte als berühmte Cross Over findet nicht mehr in Gemeinschaftsständen statt, von denen die Messe wieder abgerückt ist. Eine Wunderkammer wie die Koje von Finch & Co. aus London ist in schon divers genug. Ein besonderer Eye Catcher ist hier ein Satz kleiner Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Was zunächst wie Portraits von Planeten oder Monden aussieht, entpuppt sich als der durch ein Ophtalmoskop vergößerte Blicke auf Augenkrankheiten (39.000 Euro). Die Angebotspalette ist zwischen ungefähr 18 Sparten austariert. Schmuck ist nur sehr sparsam eingestreut, anders als auf der Biennale des Antiquaires in Paris oder der Tefaf in Maastricht. Möbel jenseits des Art Deco scheinen etwas unterrepräsentiert, Malerei des 20. Jahrhunderts vielleicht etwas zu präsent, was aber auch eine Frage der Qualität sein kann. Zu den traditionellen Schwerpunkten gehören Außereuropäische Kunst und Antiken, die anderswo kaum in dieser Konzentration zu sehen sind. Wie von vielen befürchtet, zeigt das deutsche Kulturgutschutzgesetz zumindest in einigen Sparten seine Wirkung, die so zumindest nicht explizit beabsichtigt war. Die Antikenhändlerin Antonia Eberwein, die in Paris ihrer Göttinger Mutter Roswitha nachfolgt, erklärt ganz offen, dass sie ihr Geschäft komplett nach Frankreich verlegt habe. Sie zeigt auf ihren Stand: "Sehen Sie sich hier um - das sind rund 200 Objekte. Wenn ich für jedes davon eine Ausfuhrgenehmigung und auch noch eine Einfuhrbescheinigung brauche, dann muss ich gar nicht erst anfangen." Kein Zweifel, einige Bereiche des Kunsthandels in den Nachbarländern dürften nicht nur Grund zur Klage haben über den deutschen Gesetzgeber. Die Zeitgenossen-Abteilung ist seit Jahren ausbaufähig. Trotz einer Beschränkung auf zehn Aussteller war die Qualität bisher eher bescheiden. Dieses Jahr ist es gelungen, mit Rodolphe Janssen nach Meessen de Clercq und Baronian ein weiteres lokales Schwergewicht zu gewinnen. Eigens zu seinem Brafa-Debüt haben Gert und Uwe Tobias einen Satz Vasen entworfen und mit Zeichnungen von Figuren aus ihrem grotesken Fabelkosmos versehen. Mit Preisen zwischen 2.500 und 3.500 Euro sind die Einzelstücke sogar ausgesprochen preiswert. Jo An Fermon ist mit der Londoner Galerie Whitford seit 2009 dabei. Sie profitiert von doppeltem Lokalpatriotismus. Sie ist selber Flämin und hat daher in Brüssel einen Heimvorteil. Andererseits seien sowohl die belgischen wie die niederländischen Sammler dankbar, dass sich jemand auf internationaler Ebene um Künstler wie den Mitbegründer des Informel Bram Bogart kümmerte, den beide Nationen für sich beanspruchen. Seine fett pastosen Leinwände aus den frühen 60er Jahren kosten am Stand zwischen 36.000 und 80.000 Euro. Comics gelten in Belgien seit langem als Kunst und spätestens seit es Millionenzuschläge für Originalzeichnungen der Tim und Struppi-Comics auch in deutsche Schlagzeilen schaffen, beginnt sich auch diesseits des Rheins die Wahrnehmung der ehemals als Schundhefte gehandelten Preziosen zu wandeln. Die Brüsseler Galerie Huberty Breyne ist schon seit Jahren regelmäßiger Aussteller auf der Brafa. Historische Comics, Einzelseiten und Gelegenheitszeichnungen werden hier jedoch nur noch nebenbei in einer kleinen Vitrine präsentiert. Den Großteil des Angebots machen aktuelle Papierarbeiten und Gemälde franko-belgischer Zeichner aus, die als eigenständige bildmäßige Arbeiten gelten wollen und auch so bepreist sind. Eine größere Arbeit von Enki Bilal, einem Pionier des Erwachsenen-Comics der 70er und 80er Jahre, aus dem Jahr 2012 kostet immerhin 150.000 Euro. Die Brüsseler machen vieles richtig: Sie laufen nicht amerikanischen Museen mit ihren Sammlertrossen hinterher (wie die Tefaf), sie führen keinen Intrigantenstadel auf (wie das SNA - Syndicat National Des Antiquaires Négociants en Objets d'Art, das die Biennale des Antiquaires in Paris ausrichtet) und geben erfolglose Konzepte auf (Cross Over in Gemeinschaftsständen). Das Ergebnis ist eine Messe, die man gerne besucht, weil man sich auf ihr wohlfühlt und sie Kunst und Antiquitäten auf eine Art und großenteils in einem Preisrahmen präsentiert, dass der Besucher nicht in Ehrfurcht erstarrt.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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BRAFA - Brussels Antiques and Fine Art Fair
21 - 29.01.2017

Tour & Taxis
1000 Bruxelles, avenue du Port 86 C/ B
http://www.brafa.art
Öffnungszeiten: 11 - 19h


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