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Fischerspooner: Die Pose ist perfekt

Ein nackter Mann, an Armen und Oberkörper tätowiert, sitzt auf einem Stuhl, hinter ihm ein Bücherregal, auf dem eine Totenschädel-Maske liegt. Neben einer perfekt geschminkte Frau mit wehendem Haar und geweiteten Augen hängt ein Bild von einem röhrenden Hirschen in Berglandschaft. Zwei Männer mit bloßem Oberkörper auf einem Bett, ein Mann, der sich nackt über einer Abwasch rekelt, ein anderer, der einem Splitterfasernackten die Türe öffnet: All diese Fotos hat der Fotograf Yuki James in der früheren Wohnung des Künstlers Casey Spooner aufgenommen, mit diesem selbst in der Hauptrolle. Gemeinsam mit Warren Fischer bildet er das Duo Fischerspooner, das im New York der späten 1990er-Jahren zu Kultfiguren wurde. Aus den Fotografien, als Tapete die gesamte Wand des Raums ihrer Ausstellung („Fischerspooner. Sir“) einnehmend, spricht ein diffuses Begehren; mehr noch aus jenem Film, der als riesige Projektion mitten in den Raum gesetzt, von dröhnendem, kratzendem, röhrendem Sound begleitet wird. Da winden und rekeln sich zwei Männer – einer von ihnen erneut Spooner selbst –, bekleidet nur mit Unterhose, auf einem Bett in Zeitlupe. Die muskulösen Leiber scheinen auf merkwürdige Art zu korrespondieren: Einmal hält einer die Hand über den liegenden Körper des anderen, scheint ihn wie in einer Levitation hochzuheben; ein anderes Mal vollführen ihre Oberkörper in entgegen gesetzte Richtungen seitliche schwankende Bewegungen.

So erotisch das Setting erscheint, so wenig sexueller Kontakt kommt tatsächlich zustande; einmal wird Kopulation simuliert, nur selten berührt man einander. Fischerspooner casteten ihr Personal teilweise im Internet, und darauf zielt auch die Arbeit: Von Anfang an war die Selbstinszenierung Thema von Fischerspooner, heute ist diese freilich aufgrund von Social Media viel präsenter. Und so „ist das Innere, Private immer schon von einem Außen, einem darin insistierenden Inszenierungsimperativ besetzt“, wie Christian Höller im Ausstellungskatalog schreibt. Es ist wichtiger, sich zu präsentieren. Man kommt einander zwar nicht näher, aber die Pose ist perfekt.

Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Fischerspooner
30.06 - 29.10.2017

mumok - Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien
1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1
Tel: +43 1 52 500, Fax: +43 1 52 500 13 00
Email: info@mumok.at
http://www.mumok.at
Öffnungszeiten: Täglich: 10.00–18.00 Uhr, Do: 10.00–21.00 Uhr


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