Werbung
,

Ein perfekter Fehlstart

Das „Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst“ in Berlin eröffnet sein komplettes Ausstellungsareal mit zwei Ausstellungen – und schreckt ab durch ein Übermaß an „Professionalität“. Nun hat das „Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst“ also endgültig eröffnet, erstmals nämlich wird jetzt die gesamte Ausstellungsfläche in der umgebauten, eigentlich denkmalgeschützten Kindl-Brauerei bespielt. Immerhin 5.500 qm stehen da in der größten Sammler-Initiative Berlins zur Verfügung - zum Vergleich: der Boros-Bunker verfügt „nur“ über 3.000 qm - und so ist neben der das ganze 20 Meter hohe Kesselhaus füllende David Claerbout-Installation „Olympia“ dort zudem die arg konfuse Themenausstellung „How long is now?“ und eine gleich zwei Etagen einnehmende Einzelausstellung von Eberhard Havekost zu sehen. Überaus ambitioniert also kommt das „Kindl-Zentrum für zeitgenössische Kunst“ daher, doch das Ergebnis ist leider alarmierend. Denn nicht mehr, aber auch nicht weniger gelingt hier als die Musealisierung zeitgenössicher Kunst durch private Hand. Ein riesiger, steriler und überaus professionell anmutender white cube steht da als Musterbeispiel für Gentrifikation mitten in Kreuzberg. Im gewissen Kunst-Kunst-Sinne wird hier nichts falsch gemacht, was aber bezeichnenderweise fehlt ist jedes Moment des Diskurses, des Spielerischen und der selbstkritischen Infragestellung von bildender Kunst, die dadurch hegemonial auftreten kann. So vermisst man hier nicht zuletzt auch genau die Versuche mit denen Kunst in den letzten Jahrzehnten aus dem hehren white cube ausbrechen wollte: Crossover, Partizipation und Aktivismus. Stattdessen wird hier autonome Kunst präsentiert um zu gefallen und zu überwältigen – eine Machtdemonstration, die fast schon abstoßend ist, aber prompt das Kunstvolk in Massen zur Eröffnung angelockt hat. Soll einem Eberhard Havekost, der sicherlich ein ernstzunehmender Maler ist, wenn auch nicht „zu den wichtigsten Künstlern seiner Generation zählt“, wie der Pressetext arg protzend behauptet, in diesem Ausstellungskontext, leid tun? Seine Einzelausstellung „Inhalt“ überrascht immerhin mit neuen Werkgruppen, so sind da z. B. neben seinen bekannten unterkühlt-„realistischen“ Bildern auch abstrakte und zuweilen fast schon expressive Werke zu sehen. Und doch: Gerade seine monomediale Beschränkung auf die vermeintliche Königsdisziplin Malerei, und dies auf gleich zwei Etagen, leistet dem im „Kindl-Zentrum für zeitgenössischen Kunst“ vorgeführten unsensiblen Zelebrieren von Kunst Vorschub. www.kindl-berlin.de
Mehr Texte von Raimar Stange

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: