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Expo Chicago 2016: Experiment und Vermittlung

Thomas Girst, bei dem Autohersteller BMW zuständig für die Kunst, sagte vor einigen Jahren, man würde nur mit den A-Messen kooperieren, und die hätten sie jetzt alle. Dieses Jahr stellen die Bayern nicht nur den Shuttle-Service für die VIPs der Expo Chicago und lassen ihre Premiummarke Rolls Royce auffahren, am Eingang zur Ausstellungshalle in den Navy Piers präsentieren sie sogar eines ihrer Art Cars (Jeff Koons), die zweithöchste Stufe des Engagements vor der Enthüllung einer neuen Ausgabe dieser rollenden Kunstwerke. Man darf das wohl als Vertrauensvorschuss für die Expo Chicago verstehen, die noch lange nicht im Olymp der Kunstmessen angekommen ist, aber in jeder ihrer jetzt fünf Ausgaben zugelegt hat. Die mittlerweile 145 Galerien (Vorjahr 130) stammen vorwiegend aus den USA. Unter den Ausländern stellen traditionell die Deutschen die größte Gruppe. Alleine acht von ihnen stammen aus Berlin. Thomas Schulte kennt die hiesige Szene seit fast 30 Jahren: "Ich finde es toll, wie in der Stadt mit Kunst umgegangen wird, wie besonders das Museum of Contemporary Art und das Art Institute eine Tradition fortführen, die im Grunde auf die Begeisterung für moderne Kunst schon aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts wie z.B. um die Armory Show von 1912 zurückgeht, die anders als in New York hier in einem Museum gezeigt wurde." Die Messe sei nach wie vor nicht besonders umsatzstark. Die Verkäufe der ersten beiden Tage waren dem Vernehmen nach nicht nur für ihn eher schleppend. Andre Buchmann aus Berlin und Lugano schreckt das allerdings nicht: "Die Entscheidung, eine Messe zu machen, hängt nicht nur von den Verkäufen im Vorjahr ab. Es geht ja auch um Erfolge in der Vermittlung." In dem Punkt kann Chicago in diesem Jahr immerhin punkten. Die Zahl der angereisten Kuratoren hat deutlich zugenommen. Für Museumsleute aus dem Mittleren Westen und anderen Teilen der USA scheint sich die Messe zu einem Pflichttermin zu entwickeln, für ihre New Yorker Kollegen hingegen nicht. Vergleichbar ist die Situation bei den Galerien. Die einheimischen und die Aussteller aus dem Ausland legen sich richtig ins Zeug, um hier auf sich aufmerksam zu machen. Erstteilnehmer Proyectosmonclova aus Mexiko-Stadt wurde stark von der Messe umworben und bedankt sich mit einer Präsentation, die von einem Satz geometrischer Zeichnungen von Eduardo Terrazas aus den 70er Jahren (70.000 USD) bis zu einem knallorangefarbenen Garagentor von Andreas Slominski (35.000 USD) reicht. Die Galerie Crone aus Berlin und Wien tritt mit dem Experiment an, auf der Expo Chicago und auf der viennacontemporary (siehe den artmagazine Messebericht) Arbeiten der selben Künstler zu zeigen. Die Ausgangsvoraussetzungen sind allerdings leicht unfair. Wie einige europäische Aussteller wurden sie an ungünstiger Stelle im Parcours platziert, während sich eher mittelmäßige US-Galerien mit mediokrer Ware, wohl aus Rücksicht auf lokale Befindlichkeiten, an prominenterer Stelle präsentieren dürfen. Ein bisschen mehr Experiment dürften sich die US-Galerien schon zutrauen. Schließlich mögen die Menschen aus Chicago und dem Mittleren Westen zwar von den Küsten aus gesehen in der Provinz wohnen. Als Sammler hingegen sind sie oft ebenso global wie andere auch und schätzen B-Ware nicht unbedingt.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Expo Chicago 2016
22 - 25.09.2016

Navy Pier
IL 60611 Chicago, 600 E Grand Ave
http://www.expochicago.com
Öffnungszeiten: Fr, Sa 11-19, So 11-18 h


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