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Einleuchtend?

Gleich 15 Kunstwerke sind in „LICHTPARCOURS“ präsentiert, vier Monate lang und rund um die Uhr zu sehen. Licht nämlich wird hier nicht nur als künstliche Beleuchtung bedacht, sondern auch die natürlichen Lichtverhältnisse tagsüber werden von den Arbeiten reflektiert. Interessant ist dabei vor allem, dass die 15 Arbeiten dabei so unterschiedliche Optionen von Kunst vorführen wie „Kunst als Dienstleistung“, „Kunst als poetische Irritation“ oder „Kunst als formale Abstraktion“. Tobias Rehberger ist mal wieder für die unterhaltende Version von „Kunst als Dienstleistung“ zuständig. Sein funktionstüchtiger Kiosk „BEI PESS u. PUSE“, 2016, ist ein typisches Beispiel eines gelungenen Crossover der Marke 90er Jahre: So ereignet sich seine Arbeit im Spannungsfeld von High and Low, hier in der Form von einer billig aussehendem hellblauen Imbissbude, dessen schnittige Architektur allerdings Rem Koolhas zitiert. Auch ein konkreter Ortsbezug findet sich, denn der im Titel benannte Name der Bude, der als Neonschriftzug auf dem Dach des Kiosk angebracht ist, bezieht sich auf eine Leuchtreklame auf der anderen Straßenseite. Und selbstverständlich wird eine kulinarische Dienstleistung angeboten, am Wochenende nämlich wird dort Hausmannskost serviert. Ganz anders kommt die poetisch-irritierende, wenn man so will „autonome“ Skulptur „Solarkatze“ von Michael Sailsdorfer daher, hat der Künstler doch eine aus Bronze gegossene Katzenfigur auf einen sechs Meter hohen Sockel gesetzt. Dieses Ensemble dann steht so unter einer Straßenlaterne, dass die Katze in das Licht der Lampe blickt. Readymade Laterne und Kunstobjekt Katze, dieses zudem auf einem überproportioniertem Sockel, vereinen sich zu einem absurden Straßentheater, dessen Irritation noch durch die Tatsache gesteigert wird, das die Laterne eine ist, die zwar in der Innenstadt von Braunschweig zu sehen ist, eigentlich aber nicht in dieser Umgebung aufgestellt ist. Thilo Franks abstrakte Installation „You And I, Wandering On The Snake’s Tail”, 2016, ist als hölzerner, spiralförmiger Pavillon konstruiert. Dazu sind dreieckige Rahmen um ein ovales Zentrum angeordnet, die sich so ergebende Form scheint auf dem ersten Blick kreisrund zu sein. Der Pavillon ist begehbar und funktioniert zwar als Abgrenzung zur Außenwelt, Schutz aber bietet er dank seiner offenen Struktur kaum. Wie eine gleichsam aufgefächerte Sonnenuhr wirft die Arbeit tagsüber bei Sonnenschein strahlenförmigen Schatten, nachts wird er von Innen von einer kleinen Lampe beleuchtet. Da „You And I, Wandering On The Snake’s Tail“ in einem Park in Braunschweig installiert ist, erinnert die Arbeit dann nicht von ungefähr an ein Lagefeuer für die im Park verweilenden Menschen. Auch die Option der Kunst politisch zu sein, findet sich in „LICHTPARCOURS“, doch ist diese Option hier leider kaum ausgereizt worden. Das ist überraschend, denn von dem nach Braunschweig eingeladenen Alfredo Jaar ist man eigentlich kritischere Arbeit gewöhnt. Sein Schriftzug „KULTUR=KAPITAL“, angebracht am Portikus des Braunschweiger Schlosses, ist ein doch inzwischen arg strapaziertes Statement, das, gerade wenn es Rahmen einer gut subventionierten „Kunst im Öffentlichen Raum“ geäußert wird, kaum noch mehr ist als eine kunstbetriebskritische Attitüde. -- Lichtparkours Braunschweig Noch bis zum 22. September www.braunschweig.de/lp16/
Mehr Texte von Raimar Stange

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