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„Du sprichst so oft vom Ende als ob es sicher wäre“

Dieser Satz wurde bereits 1985 gedruckt, in der „ersten fordernden Arbeit“ der Edition Artelier, erzählt Petra Schilcher. Das Buch „Sei nicht traurig“ von Hubert Schmalix widmete sich der Auseinandersetzung mit dem damaligen Leitmotiv des Steirischen Herbst, der (Bild-)Sprache der Liebe und ist aktuell in den Räumlichkeiten des Artelier Contemporary zu sehen. Am 30. Oktober 1985 gründeten Petra und Ralph Schilcher die Edition Artelier in Graz, die sich der „production, publishing & presentation“ widmen sollte. Die Faszination für den Siebdruck (Serigrafie), die uralte Technik der Chinesen, steht am Anfang. Getragen von einem Pioniergeist lässt sich ihre Geschichte auch als ein Appell lesen: Enthusiasmus, Wagemut und die Lust künstlerische Experimente zu ermöglichen, waren die Triebfedern für ihren Quereinstieg. Es war die Zeit der jungen Wilden und ist eine Geschichte über einen stetigen Wandel und wie aus dem kleinen Überschaubaren „die Welt wurde“. Zu einer Zeit der Überproduktion wollten beide gegen diesen Trend arbeiten und „der Grafik mehr Raum geben und die Wertigkeit dazu. Um die Qualität im Handdruck halten zu können haben wir beschlossen zu limitieren und nur 30 Exemplare zu drucken. Diese Anzahl war im internationalen Vergleich natürlich verschwindend gering.“ Das Medium der Serigrafie ermöglicht eine enorme Farbbrillianz und besitzt eine haptische Struktur. Das Trägermaterial musste nicht unbedingt Papier – das zu bedruckende Material konnte alles sein.“ Produziert wurden u.a. Multiples, Plakate, Mappenwerke, Bücher. Dabei stand immer die Qualität im Vordergrund. Es wurden bis zu 15 Editionen jährlich gemacht. Mit ihrer Galerie in Graz, wo regelmäßig Gruppen- und Einzelausstellungen realisiert wurden, folgten Messeteilnahmen, 1987 die erste auf der Art Basel. Köln, L.A., Chicago, Madrid und Frankfurt wurden daraufhin regelmäßig angesteuert: Graz - Welt und zurück also. Dann kam Kippenberger. Es folgten Produktionen von u.a. Jörg Schlick, Albert Oehlen und Günther Förg, die herausgefordert haben. Alle arbeiteten sie vor Ort in der Druckwerkstatt der Galerie. Es ging um die Multiplikation von Kunst, speziell mittels Siebdruck und je nach Arbeit und deren Anforderung wurden die verwendeten Medien ständig möglichkeitsbezogen erweitert und geöffnet. „Immer wieder wurden zusätzlich Projekte mit KünstlerInnen und in Kooperation mit anderen Institutionen wie z.B. Grazer und Münchner Kunstverein, Mamco in Genf, MoMA in New York, Biennale in Venedig oder documenta in Kassel gedruckt.“ Nachdem sich also die „zwei wahnsinnigen Grazer, die der Grafik einen neuen Stellenwert geben wollten“ durchgesetzt hatten, folgte oft eine kontinuierliche und freundschaftliche Zusammenarbeit mit den KünstlerInnen. Insbesondere mit Peter Kogler, Martin Kippenberger, Michael Schuster, Gustav Troger und Jörg Schlick wurden umfangreiche Projekte realisiert. Etablierte und junge KünstlerInnen wurden parallel betreut und gezeigt, so wurde beispielsweise Tobias Rehberger, damals noch Student bei Martin Kippenberger an der Städelschule in Frankfurt, in das heute 150 KünstlerInnen umfassende internationale Programm der Galerie aufgenommen, wie auch Franco Kappl und Christian Stock, beide zu Beginn noch Schüler von Arnulf Rainer. Als Verleger- bzw. Produzenten-Galerie waren ihnen mehr Freiheiten sicher, womit sie die Grazer Galerie- und Kunstlandschaft um ein wertvolles Programm erweiterten. Im Sinne einer eigenständigen Betriebsamkeit wurde alles zu einem eigenverantwortlichen Konzept vereint. „Es war eine spannende Zeit um 1990“, erinnert sich Petra Schilcher. Die KünstlerInnengeneration umfasste u.a. die „Pakesch-Gruppe“ Herbert Brandl, Heimo Zobernig, Otto Zitko, Joseph Kosuth, John Baldessari, Ernst Caramelle und KünstlerInnen, die von der Galerie Krinzinger vertreten wurden wie Eva Schlegel und Martin Walde. Auch die Galeristen zu dieser Zeit waren „jung und wild“. Graz war aufregend und hatte eine beachtliche internationale Reichweite. Die Projekte rund um den steirischen herbst mit Christine Frisinghelli, der Neuen Galerie mit Peter Weibel und dem Grazer Kunstverein führten eine Bewegung an. Es gab Mentoren und Multiplikatoren. „Ausstellungen in Graz haben Kunstgeschichte geschrieben.“ Dem Erinnern an Anfänge voll Enthusiasmus, Wollen, Überzeugung und Leidenschaft, und der Entwicklungen erfüllt von Durchsetzungskraft, Anstrengung und Respekt, folgt eine Bilanz. Nach 30 Jahren und „einem ganzen Haus voller Kunst“ wurde der Editionsbetrieb eingestellt, doch endet es hier nicht. Aufgeteilt in Artelier Collection und Artelier Contemporary läuft der Betrieb „bis auf Widerruf“. Um das Jubiläum gebührend zu begehen wurden vier KünstlerInnen für einen Ausstellungsreigen ausgesucht, der am 30. Oktober letzten Jahres mit Erwin Wurm eröffnete. Es folgten Werkschauen von Peter Kogler und Thomas Stimm und aktuell den „Point of View“ von Hubert Schmalix. Einer Reminiszenz dient auch die bereits dritte Schenkung an das Universalmuseum Joanneum, das nun als Artelier Editionen erhalten und zugänglich bleibt. Damit wird je ein Exemplar aller durch die Galerie vertretenen KünstlerInnen als Teil der „größten Multiple-Sammlung Österreichs“ als Grundstock gesichert und auch das Archiv hat in der Neuen Galerie eine Zukunft. Dankeschön. -- www.artelier-contemporary.at/

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