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Abstraction now: Oberflächlich betrachtet

Zu den vielen Figuren, die vom Wien-um-1900-Überdruss zugedeckt werden, gehört auch Robert Zimmermann. Damit ist nicht Bob Dylan gemeint, sondern die Gründergestalt einer formalistischen Ästhetik. "Da jeder Stoff", so schrieb der Wiener Philosoph im Jahr 1865, "welcher immer, ästhetisch gleichgültig ist, so kann die Form gar nicht anders, als ihren Glanz über Gleichgültiges zu verströmen." Abstraction is coming home. Die Schau im Wiener Künstlerhaus ist die souverän vollzogene Rückkehr eines radikalen Formalismus in die Gegend, aus der er kam. Man kann staunen, wie sich der Glanz über Gleichgültiges verströmt. Fotografische, skulpturale und vielfältig malerische Gebilde schwelgen in der Schönheit organisierter Oberfläche. Es ist purste, von jeder Referenz auf Bestehendes gereinigte, in schiere Phänomenalität verliebte Zweidimensionalität, cool bisweilen, aber jenseits aller Koketterie mit dem Zeitgeistigen. Kurator Norbert Pfaffenbichler, selbst auch teilnehmender Künstler, hat getan, was er konnte, um treffsicherste Punktgenauigkeit walten zu lassen. Das Versammelte abstrakt zu nennen ist angesichts dieses Stakkatos an retinalen Reizen ein Euphemismus. Lokalmatadoren wie Günter Selichar, Esther Stocker oder Stefan Sandner treffen auf internationale Namen wie Liam Gillick oder Carsten Nicolai, und Florian Pumhösl wird es verschmerzen, dass seine Modernismus-Forschung auf den Aspekt des Fotogrammes reduziert ist. Überhaupt ist dem Kurator der Schau die Genealogie des Gezeigten herzlich egal. Minimalistisches trifft auf das Faible fürs Fraktale und die obligatorische Neue-Medien-Lounge zeigt sowieso die Segnungen der Software. Das alles aber wäre noch wunderbarer, wenn es das vielleicht einzige Kriterium, mit dem man diese völlig in sich geschlossene Ästhetik messen kann, beherzigte. Es muss, Gruß an alle Spießer, buchstäblich sauber sein. Die Oberflächen sollten keine Fussel haben, die ins Karree gefügten Bilder bedürfen der Optik des rechten Winkels, und alles braucht insgesamt die Quarantänesituation des White Cube. Sorry, aber im Künstlerhaus ist es, diesmal, zu schmuddelig. Man besichtige diesbezüglich den Raum mit Pumhösls, des Beckmessers, drei Tafeln, und man wird den Unterschied sehen. So jedenfalls war das mit dem Formalismus und seiner Wiener Provenienz nicht gemeint.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Abstraction now
29.08 - 28.09.2003

Künstlerhaus Wien
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: +43 1 587 96 63
Email: office@k-haus.at
http://www.k-haus.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi + Fr 10-22 h


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