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Tobias Rehberger - presently: Freundschaftsbuch der Neunziger

Gleich 69 Freunde und Wegbegleiter hat Tobias Rehberger eingeladen, an „seiner“ Ausstellung „presently“ teilzunehmen. Das Ergebnis ist eine Gruppenausstellung, die eigentlich übliche Modalitäten des Ausstellens ebenso kritisch wie lustvoll hinterfragt. Schicke mir eine Arbeit, von der du meinst, sie wird mir gefallen – so lautete sinngemäß die Aufforderung, die Tobias Rehberger 69 Wegbegleitern seiner letzten 21 Jahre, darunter Künstler, Designer und Musiker, geschickt hatte. Die Antworten darauf hat der Künstler jetzt in seiner Berliner Galerie neugerriemschneider ausgestellt. Von Ai Weiwei etwa ist da der „marble stool“, 2014, zu sehen, von Thomas Bayerle, dem Professor des Künstlers, der Druck „Stalin“, 1970, und von Carsten Höller die „Double Mushroom Vitrine (Twentyfourfold)“, 2013. Die meisten der Ausgestellten haben, wie Rehberger eben auch, ihre Karriere in den 1990er Jahren gestartet und so liest sich die Künstlerliste dann auch wie ein „who is who“ dieser Dekade: Angela Bulloch, Olafur Eliasson, Liam Gillick, Douglas Gordon, Michel Majerus, Olaf Nicolai, Philippe Parreno, Elizabeth Peyton, Wolfgang Tillman, Heimo Zobernig ... Aber auch ältere Künstler wie James Benning, Louise Lawler, oder Reinhard Mucha sind bei „presently“ mit dabei. Jeder Künstler bekam für seine Teilnahme ein Geschenk von Rehberger, und zwar eine handgefaltete, jeweils individuell gestaltete Papierskulptur mit einem speziell für den Beschenkten ausgesuchten Inhalt, der den Blicken des Publikums verborgen bleibt. Auch diese, in einer für Rehberger typischen Ästhetik gehaltenen, Skulpturen, sind in der überbordenden Ausstellung präsentiert. Spannend an diesem, wenn man so will, „Freundschaftsbuch“ sind, abgesehen von der Qualität der hier zusammengekommenen Artefakte, nicht zuletzt die Regelverletzungen, die von Rehberger da bewusst vorgenommen wurden. So sind hier keine autonomen, für sich stehenden Kunstwerke zusehen, sondern solche, die einen konkreten Dialog eingehen mit der Arbeit von Rehberger, den besagten Papierskulpturen nämlich. Zudem ist der Ausstellungsraum, der durchaus als white cube funktionieren könnte, hier so gnadenlos vollgestellt, dass er eher den Eindruck eines allzu bunten Basars erweckt, als den einer Galerie. A apropos Galerie: Sehr selten sieht man in einer Galerieausstellung so viele Künstler aus unterschiedlichen Galerien. Dann ist diese Ausstellung eben keine reine Kunstausstellung, sondern ist Genre-übergreifend auch mit Arbeiten von Musikern und Designern bestückt. Vor allem aber bricht „presently“ mit einem Tabu des Ausstellungsbetriebes: Die Show deckt ihr Netzwerk offenherzig auf, ja macht aus diesem ehrlichen Bekennen zu Freundschaft und Bekanntschaft das Konzept der Präsentation. Gut so!
Mehr Texte von Raimar Stange

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Tobias Rehberger - presently
19.04 - 21.05.2016

Galerie neugerriemschneider
10115 Berlin, Linienstraße 155
Tel: +49 30 288 77277
Email: mail@neugerriemschneider.com
Öffnungszeiten: Di bis Sa, 11.00 bis 18.00 Uhr


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