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Trockengewohnt

Die brillanten Wortgewitter eines Adolf Loos, die Ironie Josef Franks, die Verve Hermann Czechs, die punktgenaue Eleganz von Friedrich Achleitner wird man in Ottokar Uhls Texten nicht finden. Statt eigener Formulierungen genügen Uhl manchmal auch Zitate Anderer. Es ist ein Suchen im Schreiben ohne Anspruch auf Letztgültigkeit. Das macht schon der Titel "Gegen-Sätze" deutlich. Zwischen Wortteile geschobene Bindestriche sind Stolpersteine, die den Redefluss verzögern und die Sprache ebensowenig glatt dahinfließen lassen wie Uhls Architektur Absolutheitsansprüche kennt. Immer wieder und in erster Linie geht es, neben dem Kirchenbau, um das Wohnen. Wenn dann vom "Wohnvollzug" und "Wohnerziehung", gar von der "Demokratisierung der Ästhetik" die Rede ist, so hat das viel von der spröden Sprache der Soziologen, die Funktionsdiagramme bilderreichen Formulierungen vorziehen. Nicht umsonst erinnert Kathinka Schreiber in ihrem Vorwort an den Positivismus des zweiten Bauhaus-Direktors Hannes Meyer. Auf Abbildungen wurde auf Uhls Wunsch hin verzichtet. Mit der Ausnahme eines Portraitfotos. Es zeigt den Bauenden und Lehrenden skeptisch zur Seite blickend, mit der kreisrunden Zunftbrille seiner Generation. Grundsätzliche Fragen analysiert Uhl ohne Rücksicht auf Verluste. Mit dem Funktionalismus geht er hart ins Gericht, zerlegt ihn in seine Einzelteile wie ein Gerät, um es dann, gereinigt und wieder gebrauchstüchtig gemacht, neu zusammenzusetzen. Ein Manko des Buchs ist, dass die Entstehungsdaten der thematisch geordneten Texte nur im Anhang angeführt werden. Spätestens wenn von Haushaltseinkommen von 3000 bis 5000 Schilling die Rede ist, wird man anfangen, nachzublättern. Im Land der Spracharchitektur muss man sich auf den nüchternen Duktus von Uhls Texten einlassen, die die vermittelnde Instanz der geistreichen Formulierung nicht kennen: Rohkost direkt ab Hof. Ottokar Uhl, Gegen-Sätze. Architektur als Dialog. Ausgewählte Texte aus vier Jahrzehnten. Wien: Picus, 2003 Mit einem Vorwort von Kathinka Schreiber Herausgegeben von Elke Krasny und Claudia Mazanek 208 Seiten, 13 x 20,5 cm, broschiert ISBN 3-85452-129-4 E 18,90
Mehr Texte von Iris Meder †

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