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Berlin - Stadt der Frauen: Berlin, feminin

Ja, Frauenausstellungen muten zurzeit in Deutschland etwas inflationär an. In Frankfurt waren es eben noch die „Sturm-Frauen“, in Aschaffenburg sind es momentan die „Malweiber von Paris“, in Bielefeld widmete man sich bis vor kurzem mit „Einfühlung und Abstraktion“ der Moderne der Frauen in Deutschland. Doch besser jetzt und viel als nie und gar nicht. Nun also „Berlin – Stadt der Frauen“, Untertitel: „couragiert & feminin“, eine historische Ausstellung, die in 20 Biografien Frauen vorstellen, die Stadtgeschichte geschrieben haben. Manche von ihnen wie Berlins erste und bislang einzige Oberbürgermeisterin Louise Schroeder (1887-1957), die Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Hedwig Dohm (1831-1919), die Fotografin Gisèle Freund (1908-2000), die Künstlerin Käthe Kollwitz (1867-1945) oder die Tänzerin Mary Wigman (1886-1973) kennt man. Manche von ihnen kennt man hingegen eher vom Sehen. Charlotte Berend-Corinth (1880-1967), selbst Künstlerin, ist beliebtes Motiv ihres Mannes Lovis, die auf Tierplastik spezialisierte Bildhauerin Renée Sintenis (1888-1965) ist diesbezüglich überhaupt ein signaturhaftes Phänomen. Groß, schlank, androgyn mit Bubikopf steht sie als vielfach abgebildet für ein neues Frauenbild der 20er Jahre. Ihr in Trauer versunkenes, verhärmtes Selbstbildnis von 1944/45 spiegelt die Stimmung der Zeit in einem Maße wieder, dass es oftmals als „Deutschland 1945“ bezeichnet wird. Heute noch ziert ihr Berliner Bär Stadteinfahrten und als Kleinplastik wird er alljährlich bei der Berlinale vergeben. Doch es sind noch weitere ganz erstaunliche Biografien, die die Ausstellung aus der Vergessenheit rettet. Die Zoologin Katharina Heinroth (1897-1989), beispielsweise, die als ihr Mann 1945 stirbt, dessen Nachfolge als Direktorin des Berliner Tiergartens übernimmt. Unter dem Motto „Tu was, dann wird es dir besser!“ schafft sie den auf lediglich 91 Tiere von 45 Arten dezimierten Zoo innerhalb eines Jahrzehntes auf einen Bestand von 1937 Tieren auszubauen. Emilie Winkelmann (1875-1951) wurde zu einem Zeitpunkt Architektin, an dem man in Deutschland als Frau noch gar nicht Architektin werden konnte, dem gegenüber steht Anni Mittelstädt (1900-1987) als Gründerin des „Club der Berliner Trümmerfrauen“, für die mehr als 40.000 Frauen, die in den Nachkriegstagen mit dem Abtragen der Schuttberge des zerstörten Berlins beschäftigt waren. Anlass dieser eindrucksvoll wie kurzweilig gestalteten Schau ist das 150-jährige Jubiläum des „Vereins zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts“, heute Berliner Lette Verein. Gegründet wurde der Verein 1866 vom Juristen und Verwaltungsbeamten Wilhelm Adolph Lette und wenngleich später meist Frauen der Institution vorstanden, wäre dies anders auch nicht möglich gewesen. 1850 war in Preußen ein Gesetz erlassen worden, das „Schülern, Lehrlingen, Geisteskranken und Frauen“ verbot, Vereine zu gründen oder in bestehende Vereine einzutreten.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Berlin - Stadt der Frauen
17.03 - 28.08.2016

Ephraim Palais
10178 Berlin, Poststraße 16
http://www.stadtmuseum.de
Öffnungszeiten: Di, Do-So 10-18, Mi 12-20 h


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