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Provoke. Zwischen Protest und Performance - Fotografie in Japan 1960-1975: Dynamik und Dämone

Eine Frau trotzt dem Angriff: Beide Fäuste über dem Kopf erhoben, stellt sich die Bäuerin den Polizisten entgegen, die mit Wasserwerfern gegen sie vorgehen. Kazuo Kitai dokumentierte Anfang der 1970er-Jahre die Proteste von Bauern gegen den Flughafen Tokio-Narita. Seine Fotografien erzählen von der erstaunlichen und zähen Widerstandskraft der enteigneten Farmer ebenso wie von dem ungleichen Kampf, in dem letztlich – erst Jahre später – die Staatsmacht siegte. Als Proponent der „Protestfotografie“ ist Kitai derzeit in der Albertina-Ausstellung über die japanische Fotozeitschrift „Provoke“ vertreten, die auch Station in Fotomuseum Winterthur, im Le Bal Paris sowie im Art Institute of Chicago macht. Nur drei Mal erschien das Magazin, in den Jahren 1968 und 1969. Dennoch kulminierten hier zentrale Strömungen in der japanischen Fotografie, revolutionierten die Gründer von „Provoke“ doch damals das Medium: In einer Zeit, in der Japan massive politische Umwälzungen erlebte, fanden Fotografen wie Shōmei Tōmatsu, Yutaka Takanashi, Kitai Kazuo und Takuma Nakahira eine neue, dynamische und direkte Bildsprache. Vor einer Leuchtwand, die gleich gegenüber dem Eingang das Publikum begrüßt, reihen sich die Seiten der drei Ausgaben aneinander – Fotos von politischen Protesten finden sich da ebenso wie intime Porträts oder Aufnahmen von Supermarktregalen (die unweigerlich an Andy Warhol erinnern). Die Fotografen dokumentieren die Auswirkungen der Amerikanisierung: Die erotische Ausbeutung von Frauen in Bordellen rund um die Militärstützpunkte wurde etwa von Shōmei Tōmatsu thematisiert; der Einzug amerikanischer Markenware manifestiert sich in den bezaubernden, oft von wenigen hellen Quellen durchsetzten Kompositionen Yutaka Takanashis. Ebenso setzte man sich mit den – teils ebenfalls politisch beeinflussten – Performances japanischer Künstler auseinander – etwa wenn der Performer Tatsumi Hijikata in den Bildern von Eikō Hosoe als Dämon Kamaitachi über Felder und Wiesen geistert. Die Schau, in Wien kuratiert von Walter Moser, gibt einen spannenden Einblick in ein bislang in Europa wenig bekanntes Kapitel der Fotogeschichte. Allerdings würde man sich – gerade aus diesem Grund – etwas ausführlichere Vermittlung wünschen. Der Katalog, ein wunderschönes Künstlerbuch, ist dafür leider nur bedingt tauglich.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Provoke. Zwischen Protest und Performance - Fotografie in Japan 1960-1975
29.01 - 08.05.2016

Albertina
1010 Wien, Albertinaplatz 1
Tel: +43 1 534 83 -0, Fax: +43 1 533 76 97
Email: info@albertina.at
http://www.albertina.at
Öffnungszeiten: Tägl. 10-18h, Mi 10-21 h


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