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Viennafair 2015: Dünne Luft

Die Vorgeschichte: Drei Jahre lang hatte das Team rund um Christina Steinbrecher-Pfandt als künstlerische Leiterin und Renger van den Heuvel als Geschäftsführer die früher von Reed veranstaltete Viennafair in der Messehalle A zu einer international respektierten Kunstmesse aufgebaut. Im Frühjahr dieses Jahres hatten sich die bisherigen Veranstalter der Viennafair aufgrund von Terminschwierigkeiten entschlossen, den Vertrag mit der Reed Messe Wien aufzulösen und am neuen Veranstaltungsort Marx Halle und unter dem Namen viennacontemporary einen Neustart zu wagen. Schon bald danach trat Wolfgang Pelz, der Veranstalter der Art Austria im Leopold Museum, mit der Reed Messe Wien in Verhandlung und konnte sich das Recht sichern, unter der Marke Viennafair eine Kunstmesse in den Reed-Messehallen zu veranstalten. Reed bleibt aber nach wie vor im Besitz der Markenrechte. Die aktuelle Situation: Es war ja nicht zu erwarten, dass innerhalb der wenigen Monate, die Wolfgang Pelz zur Verfügung standen, die Kunstmesse in den Reed-Messehallen neu erfunden hätte werden können. Das nun bis zum 11. Oktober sichtbare Ergebnis, ist leider weit von der intendierten Internationalität entfernt. Gerade einmal acht Galerien aus dem Ausland konnten für die Galerien-Sektion gewonnen werden, zwei bespielen die Sektion „Viennafair Masters“ die auch die einzige Neuerung des Messekonzepts darstellt. Hier ist es gelungen, zumindest einige bedeutende Vertreter des heimischen Kunsthandels für eine Teilnahme zu gewinnen. Patrick Kovacs zeigt in seinem Programm Möbel von der Jahrhundertwende bis in die 60er Jahre – u.a. eine Garderobe aus der Deutschen Botschaft in Wien –, Ursula Hieke hat wie schon auf der Art Austria im Fühjahr neue Arbeiten von Carl Krall am Messestand, Wienerroither & Kolbacher beeindrucken mit großformatigen Werken von Max Weiler, Der Kunsthandel Ziwna bietet neben zwei Affen-Skulpturen von Jörg Immendorff eine Feuergouache von Otto Piene an und der Kunsthandel Szaal hat für die Viennafair zeitgenössisch-Österreichisches u.a. von Staudacher, Scheibl und Schmalix vorbereitet. Albert Oehlens überarbeitete Lithografie aus dem Jahr 1987 ist das zentrale Ausstellungsstück am Messestand von Reinisch Contemporary und der Kunsthandel Kaiblinger hat mehrere Leinwände von Gottfried Helnwein kombiniert mit Fotos aus der Serie „Faces“ (u.a. Elton John und Mick Jagger). Die Galerie Kopriva zeigt Werke von Koloman Novak, die Galerie Panarte widmet sich ebenfalls der „bewegten“ Kunst. Beide reagieren damit auf die Sonderschau „kinesis – Eine Studie zur Bewegung im Bild“ die von Angela Stief zusammengestellt wurde und das eigentlich Highlight der Messe darstellt. Auf 500 Quadratmetern schafft es die Kuratorin eindrucksvoll, die unterschiedlichen Versuche von KünstlerInnen des 20. und 21. Jahrhunderts, Dynamik und Wahrnehmung in die Kunst einzubringen. Auch die zweite Sonderschau, die Angela Stief unter ihrem Pseudonym Lotte Sonnenstein zusammengestellt hat zeigt mit KünstlerInnen wie Franz Josef Altenburg, Angelika Loderer und Franz Vana eine Qualität, an die viele der teilnehmenden Galerien nicht herankommen. Dass die Werke dieser Sonderschau zum Großteil aus Galerien stammen, die nicht an der Viennafair teilnehmen, wird durch groß angebrachte Courtesy-Hinweise nur noch verstärkt. Etwas verloren wirkt auch Patrick Ebensperger aus Berlin, der sich „halt für die Viennafair entschieden“ hatte, um auf einer Wiener Messe präsent zu sein. Dabei hat er als Reverenz an den Kunsthandel immerhin ein kleines Portrait von Max Beckmann dabei. Zur Eröffnung konnte man dafür bei ihm hervorragend gemixtes Gin-Tonic genießen, ausgeschenkt aus der Installation „Rummel“ von David Moises. Gleich eine ganze Wursttheke hat Agnes Reinthaler in ihrem Messestand platziert. Die auf den ersten Blick appetitanregenden ausgelegten Wurstwaren wurden jedoch von Taro Meissner aus Materialien gefertigt, die er im Steinbruch am Salzburger Untersberg findet. Wohltuend von der Buntheit der Messe hebt sich die Präsentation von Sissa Michelis ursprünglich in der Italienischen Botschaft gezeigten Videoinstallation „Dance of Diplomacy“ bei Marcello Farabegoli ab. Schönes Schwarz-Weiß gibt es auch in den Fotopräsentationen: Der Gewohnheit der letzten Jahre folgend bei der Viennafair zur Teilnahme angemeldet hat sich die Galerie Ostlicht, die mit ihrer Präsentation von Cora Pongracz mit Fotos aus der Wiener Avantgarde der 70er Jahre die Gesichter vieler auf der Viennafair vertretener KünstlerInnen zeigt. Weitere RepräsentantInnen der heimischen Kulturszene gibt es bei Simon Weber-Unger in Form der Künstlerfotos von Sepp Dreissinger (u.a. Thomas Bernhard, Maria Lassnig und Friedensreich Hundertwasser). Die Viennafair ist also wieder eine weitestgehend österreichische Messe geworden auf der doch die meisten der wichtigen Galerien fehlen. Ein Fehler hat sich übrigens im Messebericht der Austria Presse Agentur eingeschlichen, die von 23.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche berichtet hat. Wolfgang Pelz bestätigt diese Zahl auf Nachfrage des artmagazine. Eine „kleine“ Übertreibung angesichts der sichtbar durch Trennwände verkleinerten Messehalle A die zudem nach den Angaben auf der Website der Reed Messe Wien gesamt über 15.898 Quadratmeter Fläche verfügt. „ Nach oben hin ist Spielraum“, wird Wolfgang Pelz von der APA zitiert. Das stimmt bei dieser Ausgabe der Viennafair ganz sicherlich – wenn ihm nur nicht die Luft weiter oben zu dünn wird.
Mehr Texte von Werner Rodlauer

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Viennafair 2015
08 - 11.10.2015

Viennafair
1021 Wien, Messeplatz 1
http://www.viennafair.at


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