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Hans Bischoffshausen - Mehr als ZERO: Befragung der Leere

In der Orangerie des Unteren Belvedere sind derzeit die selten gezeigten Arbeiten des österreichischen Künstlers Hans Bischoffshausen zu sehen. Der aus Kärnten stammende Maler schuf ein bemerkenswertes Werk, das es mit den Größen seiner Zeit wie Lucio Fontana, Yves Klein und der Zero Gruppe durchaus aufnehmen kann. In seinen inhaltlichen Überlegungen und ästhetischen Lösungen steht Hans Bischoffshausen der Kunst der Düsseldorfer Gruppe „Zero“ nahe. Zero verstand sich als künstlerische „Stunde Null“ nach den Greueln des 2. Weltkriegs. In Deutschland 1958 von Heinz Macke und Otto Piene gegründet, trat 1961 Güther Uecker bei. Bischoffshausens Werke sind meist in weiß gehalten. Einige weisen eine karge erdige Farbigkeit auf. Es geht um die Darstellung einer metaphysischen Leere, eines weißen Nichts, das durch Farbwülste auf der Leinwand rhythmisiert wird. Die Leinwand scheint sich aufzuschieben ja fast zu reißen. In manchen Arbeiten sind Brandlöcher zu sehen. Teilweise betonen Scheiben auf der Leinwand das runde Element gegenüber den eckigen Bilderrahmen. Bischoffshausen ging es neben analytischen Fragen an die Malerei in seinen Arbeiten auch um Darstellung von universeller Leere. Fragen nach der reinen Malerei, die uns heute befremdlich vorkommen können, des tibetanischen Buddhismus und der Monochromie sind vor allem aus der Zeit heraus zu verstehen. Seine Generation – Bischoffshausen war Jahrgang 1927 – war schwer vom 2. Weltkrieg verstört. Dabei ging es nicht nur um die Verwüstungen des Kriegs, die das Schlachten in jedem einzelnen hinterlassen hatte, sondern auch um die Bedrängung durch nationalsozialistische Lehrinhalte und Werte, denen Bischoffshausen sicherlich während seines Studiums der Architektur in Graz ausgesetzt war. Auch Arnulf Rainer, Maria Lassnig und andere Künstler seiner Generation, versuchten diese ideologischen Bürden abzuschütteln und gingen in den fünfziger Jahren nach Paris um von der internationalen Kunst inspiriert zu werden und um der Enge des österreichischen Kunstbetriebs zu entfliehen. Hans Bischoffshausens künstlerische Entwicklung führte ihn zunächst nach Oberitalien wo er Lucio Fontana kennenlernte und 1957 in Venedig in der Galleria di Cavallino seine erste Einzelausstellung hatte. Die italienischen Kontakte hielten ein Leben lang - auch zu Piero Manzoni, der mit einem Leinwandbild mit Teer in der Ausstellung vertreten ist. 1959 erlaubte das Preisgeld des ersten „Joanneumspreis für Malerei“ Hans Bischoffshausen nach Paris zu übersiedeln, wo er bis 1971 blieb. Er bestritt viele Ausstellungen im In- und Ausland und erhielt 1960 einen Preis der Wiener Secession. Weitere Ausstellungen in Paris folgten. In Grenoble und Rouen entstehen Reliefe für Bauten, die auch Produkte seiner architektonischen Studien sind. 1963 folgte eine Ausstellung in der Kunsthalle Bern. Weitgehend unbemerkt vom österreichischen Publikum entwickelt Hans Bischoffshausen ein komplexes und kompaktes Werk, das auch nach seiner Rückkehr nach Villach-St. Martin 1972 in Form von Papierarbeiten voranschreitet. Die österreichische Begleitung zu diesem Werk war die Klagenfurter Galerie von Heide Hildebrand, die seit ihren Anfängen 1961 bis zu ihrem Ende 1971 und zur Vereinsgründung „Arbeitskreis Galerie Hildebrand“ 1973 mit Bischoffshausen kooperierte und sehr stark in der Belvedere Ausstellung vertreten ist. Den Arbeiten Hans Bischoffshausens hätte vielleicht etwas weniger Galeriengeschichte gut getan. Ab 1972 wurde bei Bischoffshausen ein sich zerstörender Sehnerv diagnostiziert. Sein Sichtfeld schränkte sich immer mehr ein und erlaubte ihm nur mehr ein reduziertes Arbeiten. Der Maler, der mit und von der Farbigkeit der Welt lebte, verlor schrittweise sein Instrument, sein Augenlicht. 1983 kam es noch zu einer bemerkenswerten Perfomance im österreichischen Rundfunk wo Bischoffshausen eine „Aktion der Stille“ anlässlich des Steirischen Herbstes beim Club 2 veranstaltete . Die Diskussionsgäste wurden gebeten eine Minute inne zu halten und zu schweigen. Im Juni 1987 starb Hans Bischoffshausen viel zu früh im Alter von 59 Jahren. Dass dieser Maler und Anvantgardist nun im Belvedere gewürdigt wird ist erfreulich und längst überfällig. Hans Bischoffshausens Werk ist in Stil und Inhalt einzigartig in der österreichischen Kunst nach 1945. Es thematisiert die Bedingungen eines leeren Raums in den er letztendlich als gesamte Person auf Grund seines Sehverlustes eingetreten ist.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Hans Bischoffshausen - Mehr als ZERO
08.10.2015 - 14.02.2016

Unteres Belvedere
1030 Wien, Rennweg 6
Tel: +43 1 795 57-200, Fax: +43 1 795 57-121
Email: info@belvedere.at
http://www.belvedere.at
Öffnungszeiten: Täglich 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr


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