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Architekt Christian Ludwig: Metropole am Stadtgraben

Christian Ludwig war alles andere als ein Revolutionär. Nach dem Architekturstudium in Brünn und München kehrte der 1901 in Pressburg Geborene wieder in die Stadt zurück, die seit der Unabhängigkeit der Tschechoslowakei Bratislava hieß. Die Radikalität der funktionalistischen Wohnmaschinen-Konzeption war nicht seine Sache. Ludwigs Wohnhäuser sind dementsprechend konservative Satteldachbauten, die keineswegs neugierig auf ihren Urheber machen. In die slowakische Architekturgeschichte eingegangen ist er hingegen mit drei Geschäftshäusern im Zentrum von Bratislava, die noch heute von der - gegenüber den Metropolen Prag und Brünn stark verspäteten - Aufbruchstimmung der dreißiger Jahre zeugen. Das 1935 entstandene "Manderla"-Gebäude war mit seinen zehn Stockwerken das erste Hochhaus der Stadt. Eckfenster vermitteln modernistische Dynamik. Die Stützen des über den Gehsteig auskragenden Baukörpers sind bis auf die Dachterrasse geführt, wo sie freie Trägerrahmen nach dem Vorbild von Le Corbusier bilden. Wenig später entstanden in derselben Straße das Kaufhaus Brouk & Babka, ein hocheleganter Stahlbetonskelettbau mit Fensterbändern und - dernier cri der Dreißiger - nächtens mit Neonröhren nachgezeichneten Fassadenkonturen sowie das Café Regina, dessen verglaste abgerundete Ecke den Eingang zur historischen Altstadt am Stadtgraben flankiert. Die von Henrieta Moravcíková getroffene Auswahl des Werks von Ludwig, die zuvor in Bratislava zu sehen war, umfasst auch seine konservativen und mediokren Bauten. Eine derartige Ausstellung über einen gemäßigt progressiven deutschsprachigen Architekten in der Tschechoslowakei wäre wohl noch vor wenigen Jahren nicht möglich gewesen, ist aber im Sinne einer nicht ausschließlich auf den Avantgarde-Aspekt fokussierten Geschichtsschreibung wichtig. Kontraproduktiv ist jedoch die lieblose Hängung im Slowakischen Institut, das sich mit seiner mit Spiegelfolie verklebten Straßenfront vor Besuchern eher zu fürchten scheint.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Architekt Christian Ludwig
28.05 - 30.06.2003

Slowakisches Institut
1010 Wien, Wipplingerstraße 24-26
Tel: +43-1-535 40 57, Fax: +43-1-535 40 57
Email: swien@gmx.at
Öffnungszeiten: Mo-Fr 9-12 & 13-15 h


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