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Art International Istanbul: Die Messe zur Biennale

Ursula Krinzinger ist nicht begeistert. Zur Eröffnung der dritten Ausgabe der Art International in Istanbul muss sie feststellen, dass ohne Vorankündigung der Haupteingang von der Mitte des Halic Kongresszentrums an dessen Rand verlegt wurde. Besucher kommen also nicht mehr direkt zu Beginn an ihrem Stand vorbei. In einem derartig verwinkelten Parcours wie auf der AI, kann das ein entscheidender Nachteil sein. Ein planmäßiger Vorteil soll es hingegen sein, dass die Messe alle zwei Jahre mit der Istanbul-Biennale zusammenfällt. Die einen Tag vorher eröffnete Veranstaltung soll Sammler, Kuratoren und Museumsgruppen in die Stadt bringen. Hinsichtlich der Kuratoren scheint der Plan nicht so gut funktioniert zu haben. Auf der Messe haben sie sich zumindest zur Eröffnung rar gemacht. Sammler wurden hingegen mehr gesichtet. Sogar Amerikaner sind gekommen, von denen man am ehesten erwartet hätte, dass sie sich von der politischen Situation abschrecken lassen. Dass auch umgekehrt eine gewisse Unsicherheit herrscht, lässt sich am Angebot der Aussteller ablesen. Waterside Contemporary aus London ist eine der wenigen Galerien, die mit dem Ukrainer Nikita Kadan einen Biennale-Teilnehmer präsentiert. Dessen filigrane Zeichnungen mit Hybriden aus Knochen und Wurzeln oder Porzellanteller mit piktogrammartigen Darstellungen von polizeilichen Foltermethoden gehören schon zum offensichtlich Politischsten, was an Kunst auf der Messe zu sehen ist. Die erstmalig teilnehmende Luxemburger Galerie Nosbaum & Reding setzt auf vergleichsweise schwere Kost wie Damien Deroubaix mit seinen großformatigen Papierarbeiten. Die Auswahl der Galeristen wirkt seltsam unentschieden und schwankt zwischen internationalen Belanglosigkeiten bei den Großgalerien wie Erstteilnehmerin Victoria Miro aus New York und bunter Abstraktion, die an vielen Ständen zu sehen ist. Paul Kasmin aus New York hat seinen im letzten Jahr erfolgreichen Stand einfach mit neuen Werken praktisch wiederholt. Berliner Galerien versuchen noch am aktivsten an die lokale Szene anzudocken. Franziska Klotz hat aktuell ein sechsmonatiges Stipendium in Istanbul, weshalb die Galerie Kornfeld ihren ganzen Stand mit ihren abstrahierenden Arbeiten bespielt. Dass die Galerie erneut teilnimmt, liege weniger an den Umsätzen auf der Messe letztes Jahr, sondern vielmehr an den Kontakten und dem Nachgeschäft, das sich daraus ergeben habe, erklärt Galeriedirektor Mamuka Bliadze. Żak I Branicka sind zum ersten Mal dabei. Sie arbeiten für ein anderes Projekt mit der Kuratorin der Videosektion Basak Senova des Künstlerduos Hristina Ivanovska & Yane Calovski zusammen und nutzen daher die Gelegenheit zu einer Einzelpräsentation. Ohnehin seien die großen Messen eigentlich nicht mehr interessant für die Galerie, erklärt Asia Żak, da sich deren Angebot überall gleiche. Die Sammler hätten das inzwischen verstanden und besuchten eher kleinere Veranstaltungen, um Entdeckungen zu machen. Ungewöhnlich ist der Auftritt von Wienerroither & Kohlbacher. Die Wiener treten international vor allem als Händler hochkarätiger klassischer Moderne in Erscheinung, sind jedoch gleichzeitig die Hauptgalerie von Eduard Angeli. Der Wiener Galerist Peter Lindner ist erstaunt. Das Urgestein des Minimalismus war letztes Jahr als Besucher hier und ganz angetan. Dieses Jahr ist er mit seiner strengen Ungegenständlichkeit aber ziemlich allein. Der Österreicher Angeli hat übrigens von 1965 bis 1971 mit seiner damaligen türkischen Frau in Istanbul gelebt, weshalb Wienerroither & Kohlbacher hier mit seinen strengen Stadtansichten antritt. Dieses Genre spielt ansonsten kaum eine Rolle auf der Messe, auch nicht mehr bei den zwölf türkischen Galerien die teilnehmen, darunter alle international bekannten. Mario Mauroner setzt auf den bewährten Mix, unter anderem mit Tony Cragg und Jan Fabre. Ernst Hilger setzt alles auf eine Karte, die allerdings stechen sollte: Daniele Buetti ist nicht nur hinreichend bekannt und auf Anhieb identifizierbar, sondern könnte auch den Geschmack nahöstlicher Sammler treffen. So recht will die Art International nicht in Gang kommen, was wohl auch an der lokalen Konkurrenz im November liegt. Die Contemporary Istanbul CI kann der Art International AI qualitativ zwar nicht das Wasser reichen, zieht aber viel Aufmerksamkeit und vor allem Kaufkraft ab. Vielleicht sollten sich die beiden Veranstalter einmal zusammensetzen.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art International Istanbul
04 - 06.09.2015

Haliç Congress Center
34445 Istanbul, Sütlüce Mah. Karaagac Cad. Beyoglu,
http://istanbulartinternational.com


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