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On Being in the Middle. curated by_Alfredo Cramerotti: Ohne Geld ka Musi

Die herbstliche curated by_ Schiene umfasst derzeit 20 Galerien in Wien, die sich unter dem Titel „Tomorrow Today“ mit dem Thema „Kapitalismus und Kunst“ auseinandersetzen. Alfredo Cramerotti, ein in England lebender italienischer Kurator, hat dazu fünf künstlerische Positionen bei Hubert Winter ausgewählt. Betritt man die Galerie so ist der primäre Eindruck ein akustischer. Aus einem hinteren Raum dringt das laute Ticken einer Uhr, das von englischen Kinderreimen unterbrochen wird. Im Eingangsbereich sind lose angeordneten Sesselreihen aufgestellt und aus Lautsprechern schallt eine mehrsprachige Diskussion. Die große Fensterscheibe der Galerie ist mit Folie verklebt. Darauf ist eine schematisierte kopflose Figur vor paraphrasiertem Meer und Horizont zu sehen. Es ist die Arbeit „headless“ des Künstlerduos „Goldin und Senneby“, die sich im Innenraum als Diskussionsforum fortsetzt. Niemand ist anwesend aber eine Diskussion über Mechanismen des Offshore Marktes ist zu hören. Die beiden Künstler kauften sich eine Offshore Firma und besprachen die Bedingungen und Verhaltensweisen, die so eine Company für die Besitzer mit sich bringt. Die Abwesenheit von Personen und die Endlosschleife dieser Diskussion versinnbildlicht auch die „Körperlosigkeit“ von Finanzströmen und den zeitlichen Faktor, der bei der Ansammlung von Kapital eine entscheidende Rolle spielt. Konzeptuellen ästhetischen Kriterien mehr entsprechend ist die Arbeit von Toril Johannessen, die an Hand von auf- und absteigendenden Kurven die Ausdehnung von Finanzströmen und spezifischen Fragestellungen nachzeichnet. Da wird der Beginn des Kapitalismus mit dem expandierenden Universum in Form von Linien verglichen und als Diagramm dargestellt. Das Kunstwerk ist in der Darstellung angelehnt an naturwissenschaftliche Analysen und erzeugt reizvolle Bildobjekte zu strukturellen Fragen des Kapitalismus. So könnte diese Art der Graphik auch als auf und ab von Aktienindexes gelesen werden. Dem Geld und seiner Haptik wesentlich näher ist die Arbeit von Danilo Correale aus New York. Er fotografiert Menschen die Lose bei Lotterien aufrubbeln und hält damit ihren Ehrgeiz und ihr Erstaunen fest. Die aus 26 Leinwänden bestehende Ölmalerei „Tomorrow and tomorrow and tomorrow“ zeigt in jedem Bild eine brennende Kerze die immer mehr nieder brennt und den Hintergrund immer mehr aufhellt. Sehr dunkel erscheint das Bild nur am Beginn als die Kerze noch kaum angezündet war. Auch hier geht es um das Vergehen von Zeit und die Frage nach verbleibenden Möglichkeiten. Correale bezieht sich in seinen Arbeiten auf Überlegungen des amerikanischen Ökonomen Jeremy Rifkin und mit seinem malerischen Zyklus auf Gerhard Richter. Alles in allem versucht Alfredo Cramerotti das künstlerische Unterlaufen des Kaptialismus an Hand einer Auswahl von Künstlern variantenreich sichtbar zu machen. Dass die Künstler das „Postkapitalistische Finanzsystem“ durch angewandte Strategien ad absurdum führen sollten, wie das der Literaturwissenschafter und Theoretiker von „curated by“ Armen Avanessian meint, ist sicherlich überlegenswert. Dennoch lebt das Betriebssystem Kunst noch immer von An- und Verkauf von Kunst. Und Künstler können daran profitabel partizipieren. Denn auch sie brauchen schließlich die Butter auf das Brot.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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On Being in the Middle. curated by_Alfredo Cramerotti
11.09 - 07.11.2015

Galerie Hubert Winter
1070 Wien, Breite Gasse 17
Tel: +43 1 524 09 76, Fax: +43 1 524 09 76 9
Email: office@galeriewinter.at
http://www.galeriewinter.at
Öffnungszeiten: Di-Fr: 11-18h
Sa 11-14h


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