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Perception Placement

Wie Waren in Bilder einwandern Waren besetzen Bilder. Vor allem in Filmen. Product Placement ist ein bekanntes Phänomen. Obschon eine Nischenerscheinung kann die Integration von Marken in Medien soweit gehen, dass die Bilder selbst zu Waren werden. In diesem Falle drängen sich nicht Produkte in Bilder, sondern Bilder werden zu Produkten. Zuweilen wuchern diese weiter und übernehmen die Realität als Bühne. So geschehen diese Tage in Wien, wo “Mission: Impossible 5” die Wiener Ringstraße in Beschlag nahm. Die Marketing-Bilder des Films, die nichts anderes sind als eine Ware, nehmen sich die reale Stadt als On Set Placement. Paradox nur, dass gerade die Wirtschaftstreibenden diese Invasion von Marketingideen mit Kritik überziehen. Die Kaufkraft wäre bei den vielen Straßensperren eingeschränkt, heißt es. Die Bildermacht eines einzigen Warengattung verdrängt die diversifizierte Realwirtschaft der anderen. Ein Beispiel eines unfreiwilligen Product Placement ist eine Fotografie, die als Marketinginitiative einer britischen Fernsehserie Schlagzeilen machte. “Downtown Abbey”, die gefühlt beliebteste Serie für weibliche Menschen über 60, wirbt mit den Hauptdarsteller/innen auf einem quadratischen Poster. Das Paar ist in Abendrobe gekleidet und blickt standesdünkelgemäß in die Kamera. Ein seidig goldener Glanz, der von den Requisiten inspiriert ist, legt sich über das Bild, Sinnbild einer gediegenen, aristokratischen Ära. Stellvertretend für den Habitus steht das gestärkte Hemd des Grafen. Das Weiß von Hemd und Fliege korrespondiert mit dem behandschuhten Arm der Dame. Nicht nur diese optische Korrespondenz prägt das wohl komponierte Motiv. Paarweise finden Karaffen und Kannen am Kaminsims Aufstellung, paarweise funkeln die getriebenen Messingschilder im Ofen. Paarweise rahmen die Logos von Facebook und Twitter den unteren Bildrand. Es ist die Detailgenauigkeit, weshalb die Serie von vielen Rezensent/innen gelobt wird. Diesem zustimmenden Expertenurteil tat auch ein kleine Panne keinen Abbruch. Die Mineralwasserflasche, die rechts oben auf dem Kamin steht, ist ein Missgeschick. Doch die kleine Fehlleistung machte das Sujet erst zu einem Hit. Kurier.at: Screenshot, 6.Juli 2015, Motiv: Gustav Klimt: Apfelbaum (I oder II?), Vöslauer Mineralwasser Das Schmunzeln verflüchtigt sich allerdings, wenn sich Warenzeichen beweglich machen und den Zusammenhang von Bild und Botschaft verlassen. Sie werden viral, kontaminierend, irritierend. In digitalen Medien ist dies technisch keine Affäre. Keine Marke klebt mehr auf ihrem Träger. Und doch ist Rücksicht auf den Bildträger und seine Informationen geboten. Die Firma Vöslauer lässt eine Mineralwasserflasche als Cursor über den Screen einer Webpage laufen. Im gegebenen Fall den online Aufritt der Tageszeitung “Kurier”. Das Warensymbol besetzt nicht nur das Bild, sondern den Blick und die Mausbewegung. Es ist stets dort, wo die Aufmerksamkeit ist, und längst keine Nische mehr. Es begleitet die eigenen Interessen wie ein ungeliebter Schatten. Ich stoße auf dieses Corporate Placement, das besser Perception Placement hieße, in einem Artikel (Screenshot vom 6. Juli), der Widersprüche im Verlauf der Rückgabe eines Klimt-Gemäldes erörtert. Es gilt als wahrscheinlich, - so wird berichtet - dass das Gemälde an die falsche Erbenfamilie restituiert wurde. Auch wenn die Flasche zu den süßlichen Äpfeln passen mag, und Bewegung von heutiger Werbung erwartet wird, mit dieser Art von historischer Fehlleistung und ihrer vermeintlich amüsanten Überschreibung ist nicht zu scherzen.

Mehr Texte von Thomas D. Trummer

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Perception Placement
Gerhard Charles Rump | 27.07.2015 10:11 | antworten
Kinders, das ist zwar schlimm, aber wieso wundert ihr Euch? Schon dem alten Karl Marx war klar: Der Kapitalismus verwandelte letztendlich ALLES in Waren. Noch Fragen? Herzlichst G C Rump Fotokünstlerischer Warenhersteller

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