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Welten Sichten: A World named Soho

"Alles ist Kunst!" Oft verhallte der Aufschrei der Futuristen, Dadaisten, Utopisten ungehört, droht immer im Sumpf des Vergessens und der alten Hüte zu versinken. Ausgerechnet das strukturschwache Brunnenviertel entpuppte sich als fruchtbarer Nährboden, um sich beherzt bei "Soho Ottakring" zum Gesamtkunstwerk zu erklären. Kein Wunder, ist es doch die realisierte Utopie von Künstlerin Ula Schneider, die zum fünften Geburtstag ihr "Baby" mit Beatrix Zobl einer Revision unterzog. Das Resultat: "Back to the roots". Das heißt: noch mehr Interaktion, Verwurzelung im Quartier mit seinen Menschen, viele interdisziplinäre, sozial engagierte Projekte. Frei nach dem Motto "Welten sichten" sprießt und sprosst an allen Ecken und Enden, in Lokalen, Hinterhöfen, Geschäften, was 180 KünstlerInnen auf die Beine stellten. Den Nerv des Viertels voll getroffen haben Corina Binder und Suse Mayer. Fürs "Extrazimmer" recherchierten sie, welcher Raum den Bewohnern am meisten fehlt. Es ist das Bad. In der Grundsteingasse 4 richteten sie für "Soho" eins zur freien Nutzung ein. Weiße Wanne, Zahnpasta, Handtücher, Shampoo, Musik, die zwei als Badefrauen. Bestehender Mangel an Sanitärraum wird transparent gemacht, thematisiert und behoben. Badende können sich dem Passantenblick durchs Fenster aussetzen oder ein Rollo nutzen. "Diana" Reisen konfrontiert in Spezialführungen, u.a. "Wohnkultur im Brunnenviertel" mit Realität, die sonst durch Privatsphäre geschützt ist. SQUID.architecture teilt ihren fulminanten Dachblick vom Büro im Hinterhaus. Raumdesign, Modelle, Pläne vermitteln ihre Arbeit. Jeder kann seine Definition von Architektur auf eine Karte schreiben und an einem Ballon gen Himmel steigen lassen. SQUID hofft, sie zwecks Dokumentation um Kommentare ergänzt wieder geschickt zu bekommen. Afrika-Klischees hinterfragt "galé", das Soho viel afrikanische Skulptur beschert. Der Senegalese Mansour Ciss verdichtet in "Deberlinisation" Kongo-Geschichte zur Installation. Archetypisch geschnitzte Baumstämme diverser Brauntöne lassen Stammesfehden assoziieren, Besen Reinigungsrituale. Sie symbolisieren auch unsere Kultur, die woanders immer aufkehren will. Martin Piacek und Michael Moravcíc aus Bratislawa, die Londoner Gruppe "Seven seven" sind nur einige transnationale Weltensichter. Als Start zur Sichtung der Soho-Kunst-Welt empfiehlt sich die Grundsteingasse, bei Einbruch der Dunkelheit.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Welten Sichten
24.05 - 07.06.2003

Soho in Ottakring
1160 Wien, Grundsteingasse 36
Tel: +43-(0)699-1-25 35 741, Fax: +43-(0)1-405-6830
Email: sohoinottakring@t0.or.at
http://www.sohoinottakring.at


Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
gale - MANSOUR CISS
michael freinberger. gale organisation | 02.06.2003 06:34 | antworten
MISSVERSTÄNDNIS: die installation handelt nicht von "kongo-geschichte", sondern von der berliner kongo konferenz 1848, anlaesslich derer afrika unter den kolonialmaechten aufgeteilt wurde. "baumstämme diverser brauntöne" sind berliner buchen und senegalesischer eukalyptus, was zu dem speziellen geruch in der ausstellung fuehrt. und stammesfehden lassen sich bei dem reflektierten umgang ciss' mit der afrikanischen vergangenheit sicherlich nicht assoziieren, da der begriff des "stammes", bei dem viel an exotischer primitiver wildheit mitschwingt, mittlerweile im ethnologischen diskurs mit ethnie oder volk ersetzt wurde. wunderschoen wird in dem artikel in klischees das zusammengefasst, was in oesterreichischen koepfen leider immer noch vorherrscht. so sind auch die besen nicht als reinigungsrituale (sic!)gedacht, sondern rein zum "saubermachen", so sind es auch im senegal uebliche alltagshandbesen, ergaenzt mit deutschen besen.

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