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Zaha Hadid: Triumph der Utopie

Lange Zeit erinnerte die Geschichte von Zaha Hadids Werk an den Architekturphantasten Hermann Finsterlin, dessen um die Zeit des Ersten Weltkriegs gezeichnete schneckenartig gewundene und verzogene Häuser nie gebaut wurden. Aufmerksamkeit hatte die in London ausgebildete gebürtige Irakerin seit den frühen Achtzigern durch spektakuläre Wettbewerbsbeiträge errungen, die sich im Zuge des Dekonstruktivismus an der utopischen russischen Revolutionsavantgarde Alexander Rodtschenkos und El Lissitzkys orientierten. Die zentrale MAK-Halle nimmt nun eine rund 300 qm große und 7 m hohe Installation mit Namen "Ice Storm" ein, eine begeh- und bewohnbare CAD-Animation in Arktisfarben mit Schlitzen, Schwüngen, Schrägen und sphärisch verzogenen Löchern, Abbild imaginärer tektonischer Verwerfungen und ungestümer Bewegungsströme, ein aufregendes Raumgebilde, in dem Prinzipien wie Tragen und Lasten keine Rolle mehr spielen. Von der Visualisierung abstrakter Prozesse geht Hadid zum Substantiellen: "Was Spiel war, wird Methode", wie es ihr Büropartner Patrik Schumacher formuliert. Nicht nur den weißen gefalteten Papierrelief-Perspektiven der Vitra-Feuerwache in Weil am Rhein eignet höchste ästhetische Qualität. Das 1993 fertiggestellte Gebäude, das jetzt als Ausstellungsraum genutzt wird, war die erste Realisierung des Büros Hadid. 2002 folgte, unter anderem, die Sprungschanze am Berg Isel, während die Ausführung des seit 1994 geplanten Wohnprojekts Wien-Spittelau nach wie vor nicht gesichert ist. Konsumkritik ist Hadid fremd. Es geht am Ende um "städtische Erlebnisräume" wie beim Bahnhofsprojekt für Florenz. Dabei kippt sie allerdings nie in die Falle von Selbstplagiat und Kitsch. Als einziger weiblicher Superstar der Branche muss sie wohl damit leben, dass der Architektur einer "Frau aus dem Orient" eine "besondere Erotik" attestiert wird. Das Hadid-Heiligenbildchen, das als Visitkarte der Ausstellung fungiert, zeugt immerhin von sympathischer Selbstironie.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Zaha Hadid
14.05 - 17.08.2003

MAK - Museum für angewandte Kunst
1010 Wien, Stubenring 5
Tel: +43 1 711 36-0, Fax: +43 1 713 10 26
Email: office@mak.at
http://www.mak.at
Öffnungszeiten: Di 10-21, Mi-So 10-18 h


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