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Pressefreiheit nein danke?

Wenigstens ehrlich: „Ihre Sorgen sind völlig unbegründet, denn die Medienpartnerschaften beziehen sich ganz und gar nicht auf die Pressearbeit“ , mailt mir Hendrik von Boxberg, der Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Pavillon in Venedig 2015, vielmehr handele es sich hier „um eine Sonderleistung im Bereich Marketing“. Wenn also die Magazine Monopol und Camera Austria sowie die Radiosender Deutschland Radio Kultur und Deutsche Welle – alle vier sind Medienpartner des Deutschen Pavillon in Venedig 2015 – über die Ausstellung dort berichten, dann ist dass, so gibt von Boxberg unumwunden zu, keine Pressearbeit mehr, sondern „Marketing“, per Definitionem also „die Ausrichtung eines Unternehmens auf die Verbesserung der Absatzmöglichkeiten“ (Duden) – und da soll ich mir als Journalist, dem nicht eine werbemäßige, sondern eine dezidiert distanziert-kritische, eben „unpartnerschaftliche“ Berichterstattung überaus wichtig ist, keine Sorgen machen??! Strafverschärfend kommt hinzu, dass das Auswärtige Amt des vermeintlich demokratischen Deutschland Träger dieses Pavillons ist. Auch deswegen sollte man nicht vergessen – Noam Chomsky z. B. wird nicht müde dieses in seinen Schriften zu betonen – dass Marketing das Gegenteil von einer freien Presse darstellt. Geht es dem Marketing doch, noch einmal sei der DUDEN zitiert, um eine „Lenkung des Marktes“. Diese absatzfördernde Lenkung nun hat die Presse-und Öffentlichkeitsarbeit von Hendrik von Boxberg an vier nicht gerade unprominente Presseorgane übertragen und diese somit erfolgreich aus dem Pool kritischer Medien abgezogen. Längst ist der hier beschriebene Fall von Medienpartnerschaft leider keine Ausnahme mehr, denn fast jedes Museum oder jeder Kunstverein z. B. verfügt heute über zumindest einen Medienpartner. Und so gut wie jedes Presseorgan ist schon eine solche Partnerschaft eingegangen. Wohin dann diese für beide Seiten werbewirksamen „Vernetzungen“ führen, dieses ist der „Berichterstattung“ über den deutschen Pavillon in Venedig dieses Jahr paradigmatisch ablesbar: Monopol z. B. veröffentlichte ein seichtes Sonderheft, das sogar im Pavillon verteilt wird, und die völlig unkritischen Interviews mit den vier KünstlerInnen des Deutschen Pavillons im Deutschland Radio Kultur sprechen ebenfalls Bände. Erschreckend aber ist auch, dass sich scheinbar kaum noch jemand an dem tendenziell „postdemokratischen“ (Colin Crouch) Zustand solcher Hofberichterstattung stört.
Mehr Texte von Raimar Stange

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Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
HvB
Hendrik von Boxberg | 27.05.2015 10:04 | antworten
Lieber Herr Stange, die Meinungs- und Pressefreiheit ist das höchste Gut, was wir haben. Dieses gilt es zu schützen, ich stimme Ihnen vollkommen zu. Und zurecht weisen Sie darauf hin, dass die Pressefreiheit auch in Deutschland gefährdet ist, dass u.a. PR Manager und Marketingabteilungen immer häufiger versuchen Einfluss zu nehmen und freie Berichterstattung versuchen zu beeinträchtigen, gar zu verhindern. Auch öffnen einige selbst Medien dafür Tür und Tore, dies gilt es zu hinterfragen. Wie in unserem Mailwechsel von einigen Wochen beschrieben, möchte ich an dieser Stelle noch einmal festhalten, dass im Rahmen der genannten Medienpartnerschaften seitens des Deutschen Pavillons keinerlei Erwartungen an die jeweiligen Redakteure/Journalisten gestellt wurden hinsichtlich der Berichterstattung. Die Medienpartnerschaften wurden zu keiner Zeit instrumentalisiert, positive oder auch nur neutrale Berichterstattung zu bewirken. Sie dienen anderen Zwecken, die uns und den genannten Medien wichtig waren im Rahmen der jeweiligen Öffentlichkeitsarbeit. Mit freundlichen Grüßen Hendrik von Boxberg Freier Pressesprecher, Berlin

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