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Haegue Yang - Temporary Permanent : Künstlerisch-literarische Übersetzungen

Einem größeren Publikum ist Haegue Yang auf der documenta 13 bekannt geworden. Damals zeigte die junge Künstlerin eine raumfüllende Installation aus frei hängenden Metalljalousien, deren minimalistische Lichtpoesie im Gedächtnis blieb. Jetzt überrascht die Künstlerin in der Berliner Galerie Wien Lukatsch in ihrer Ausstellung „Temporary Permanent“ mit einer vergleichsweise üppigen, aber nicht minder poetischen Formensprache. In ihren neueren Arbeiten greift Haegue Yang zwar immer noch auf bereits geformtes Material zurück, jetzt aber sind es Readymades vor allem aus der Folk-Kultur, z. B. Bündel aus künstlichem Stroh. Diese „Natur zweiten Grades“ (Karl Marx) wird kombiniert mit kitschigen Versatzstücken u.a. aus der Hippie-Ästhetik wie glitzernden Glockenketten. Dieses wohlkalkulierte Zusammentreffen dient in der Ausstellung dazu, Figuren aus Victor Hugos Roman „Der lachende Mann“, 1869, in freier Interpretation darzustellen. Da steht dann z. B. die Skulptur „The Intermediate – Pair Incarnate, Gwynplane and Dea“, 2015 im Raum. Zwei Kugeln aus Stroh, eine eher streng und pur aus dem künstlichen Material geformt, die andere u.a. mit koreanischen Hochzeitskronen ausgeschmückt, sind an einem auf kleinen Rädern stehenden Ständer befestigt, bilden so quasi ein Paar zweier nebeneinander existierenden Himmelskörper – und porträtieren Gwyplaine, die ewig lachende Hauptfigur aus Hugos Roman, und Dea, seiner wunderschönen, blinden Geliebten. Dabei gelingt der mobilen Skulptur mindestens zweierlei: Sie vermischt Techniken von Ethnokunst, Kunsthandwerk und moderner Kunst und zeigt dabei deren Verwandtschaften auf. Und sie fragt nach der Kraft der interpretierenden Imagination, die auch dem Betrachter abverlangt wird. So bleibt es ihm überlassen zu entscheiden, welche der beiden Kugeln wen der zwei Romanfiguren „darstellt“. Im Vorderraum der Galerie steht dann die Installation „Glasgow Tales of Laugh“, 2013. Auf 10 thematisch geordneten MDF-Platten hat Haegue Yang Zitate aus „Der lachende Mann“ montiert und diese mit Fotos kombiniert, die sie während eines längeren Aufenthaltes in Glasgow gemacht hat. Der botanische Garten der Stadt etwa taucht da immer wieder auf und bringt so erneut das Moment der „Natur zweites Grades“ ins Spiel. Die im Roman kritisierte kapitalistische Gesellschaft und die von Menschen gemaßregelte Natur treten so in einen Dialog ein, dem es immer wieder gelingt, das Prinzip Herrschaft als desaströs zu entlarven.
Mehr Texte von Raimar Stange

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Haegue Yang - Temporary Permanent
02.05 - 31.07.2015

Wien Lukatsch
10785 Berlin, Schöneberger Ufer 65, 3. OG
Tel: +49 30 283 853-52, F -50, Fax: +49 30 283 853-50
Email: info@barbarawien.de
http://www.wienlukatsch.de
Öffnungszeiten: Di-Fr 13-18, Sa 12-18 h


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