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Koki Tanaka - A Vulnerable Narrator: Ein Kunst-Aktivist?

Die Deutsche Bank Kunsthalle hat ihren „Künstler des Jahres gekürt“: Koki Tanaka. Der japanische Künstler, der vor 2 Jahren im japanischen Pavillon in Venedig vertreten war, zeigt anlässlich dieser Ehrung jetzt in der Berliner Deutsche Bank KunstHalle seine retrospektive Ausstellung „A Vulnerable Narrator“ und wird dort vom Veranstalter als „Kunst-Aktivist“ vorgestellt. Aber ist er das wirklich? Während des Tsunamis in Tokio 2011 kam es in der ganzen Stadt zu einem Verkehrsstillstand. Dieses nahm Tanaka zum Ausgangspunkt für seine Aktion „Precarious Tasks #8: Going home could not be daily routine“, 2014. Dabei forderte er Bewohner Tokios auf, sich drei Jahre nach der Naturkatastrophe, die auch das Reaktorunglück in Fukushima zur Folge hatte, an die Fußwege zu erinnern, die sie wegen dem Zusammenbruch des öffentlichen Verkehrssystems zurücklegen mussten. Einige dieser Routen lief Tanaka dann selbst ab. In London variierte er dieses Konzept im selben Jahr unter dem gleichen Performancetitel. In London waren 2011 ebenfalls im August Straßenkämpfe meist junger Bevölkerungsschichten ausgebrochen. Tanaka befragte dieses Mal vier Londoner Bürger nach dem Gehweg, den sie zurücklegten, als sie von den Riots hörten und forderte sie auf, diesen Weg noch einmal zu gehen. Tanaka filmte sie dabei und erstellte eine Videodokumentation ihrer Performance. Nicht nur stellte er so eine Zusammenführung beider zeitlich parallel verlaufenden Ereignisse her, er fragte zudem nach der Möglichkeit durch eigentlich banale Reenactments kritische Erinnerungsarbeit leisten zu können. Aber ist diese Erinnerungsarbeit nicht letztlich doch eine arg harmlose, eben ARTige? „Painting to the Public (Open Air)“, 2012 ist eine weitere Performance, die in der groß angelegten Berliner Ausstellung dokumentiert wird. Mit Hilfe eines sozialen Netzwerkes hatte der Künstler „anonyme“ Mitstreiter gesucht, die mit ihm auf die Straße zogen, um dort ihre Gemälde zu zeigen. Diese „dilettantische“ Malerei war meist gegenständlicher Natur, aber auch Textbilder oder monochrome Farbfeldbilder wurden auf der Straße als gleichsam „mobile“ Gemälde wie Schilder auf einer Demonstration präsentiert und nicht fein säuberlich gerahmt und sorgsam ausgewählt hängend im white cube. Dieser „Realitätsschock“, der die Kunst mitten rein holt in das „richtige Leben“, wird von Tanaka so begründet: „In Japan wird Malerei mit Künstlern in Verbindung gebracht, die sozialen Problemen gleichgültig gegenüberstehen, die „reine“ Maler sind. Indem wir auf die Straße gehen, stellen wir dieses Bild auf den Kopf – denn heute hat die Produktion eines Gemäldes oder vielmehr das Gemälde als solches eine politische Bedeutung angenommen“. Klingt erst mal nicht schlecht, doch auch hier ist zu fragen, wo denn tatsächlich die politische Qualität der Performance liegt. Nur weil Gemälde nicht im white cube ihr Dasein fristen, decken sie nämlich noch lange nicht gesellschaftliche Probleme auf. Und dieses ist typisch für Tanakas Kunst: Er tippt prekäre Fragestellungen zwar an, wirklich in politische Tiefen aber wagt er sich mit seinem hübsch anzuschauenden ARTivismus nicht.
Mehr Texte von Raimar Stange

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Koki Tanaka - A Vulnerable Narrator
26.03 - 25.05.2015

Deutsche Bank KunstHalle
10117 Berlin, Unter den Linden 13/15
Tel: +49 30 20 20 93 0, Fax: +49 30 20 20 93 20
Email: db.kunsthalle@db.com
http://www.deutsche-bank-kunsthalle.de


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