Iris Meder †,
Souverän in der Schwebe
Die Aufgabe bestand schlicht darin, eine um den Ersten Weltkrieg gebaute Villa und ein dreißig Jahre altes Büro- und Wohngebäude zu verbinden. Dabei sollte auch eine Kapelle, eine Bibliothek und eine Cafeteria geschaffen werden. Feitzinger, Heiss und Gabler konzipierten ein rechteckiges erdgeschossiges Erschließungsfoyer mit zu Straße und Vorgarten verglaster Front. Ein gepflasterter Weg führt zum Eingang des zurückspringenden Neubaus. Nicht nur optisch schwebt der flache Baukörper knapp über dem Boden: Um die Wurzeln des alten Kirschbaums zu schonen, kragt er rund einen Meter aus. Assoziationen zu Mies van der Rohes Haus Farnsworth und Adolf Krischanitz
Kunsthallenpavillon am Karlsplatz liegen auf der Hand. An Mies lässt auch die sorgfältige Materialbehandlung denken: der dunkle Marmorboden, die quergestellte Sichtbetonscheibe, die die Rückwand des Birkenholz-Empfangscounters bildet, und die Kapellenstirnwand, die mit samtigem dunkelgrauem Alcantara, einem künstlichen Rauhleder, bezogen ist. In der annähernd quadratischen Kapelle geht der Blick durch die zweiseitige Verglasung in die Baumkronen des Gartens. Vertikale Holzlamellen schützen vor zu viel Sonne. Durch Verschieben schwebender Wandelemente lässt sich der Raum mit einigen Handgriffen um ein "Seitenschiff" erweitern und so zum Konferenzraum mit Oberlicht machen. Der Topografie folgend steht der Horizontalität der Straßenseite im rückwärtigen Teil ein Spiel unterschiedlich instrumentierter Ebenen gegenüber: Der Siebziger-Jahre-Bau bekam zum steil abfallenden, baumbestandenen Hang hin einen holzbeplankten auskragenden Balkon. Schräg unter ihm ist der Bibliothek eine intime zweite Terrasse mit Kiesboden und massiver Brüstung vorgelegt. Zwischen beiden Niveaus liegt der abschüssige Garten, über dem der gläserne Kapellenkubus schwebt. All das wirkt so selbstverständlich, dass man sich keine bessere Lösung denken könnte.
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