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James Benning: Outsider?

James Benning ist als experimenteller Filmemacher eine Legende, dass er auch als Bildender Künstler kein Outsider ist, zeigt seine Ausstellung „Decoding fear“ im Kunstverein in Hamburg, einer Kooperation mit dem Kunsthaus Graz, wo die überzeugende Show letztes Jahr zu sehen war. Diese Ausstellung überrascht, denn so umfassend und vielfältig hat man das Werk von James Benning in Deutschland noch nicht gesehen. Im Zentrum der zudem überzeugend installierten Präsentation steht James Bennings künstlerische Auseinandersetzung mit sogenannten „Outlaws“ wie dem Philosophen Henry David Thoreau, der bekannt ist für seine Schrift „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“, 1849, und dem „Unabomber“ Theodore Kaczynski, der in den USA von 1978 bis 1995 mit Briefbombenattentate Angst und Schrecken verbreitete. Was beide verbindet ist eine zivilisationskritische Haltung, die u.a. dazu führte, dass sie beide zurückgezogen in kleinen, selbstgebauten Hütten inmitten abgeschiedener Natur lebten. Diese beiden Hütten hat James Benning dann, ein wenig im minimalistischen Stil von Absalon, in reduzierter Form und ganz in Weiß nachgebaut und gleichsam als modellhafte Projektionsfläche für widerständigen Rückzug im Ausstellungsraum platziert. Zuvor schon hatte der Künstler diese Hütten auf seinem eigenen Grundstück rekonstruiert und dann aus deren Fenstern heraus stoisch auf die angrenzende Naturlandschaft gefilmt. Die Zweikanal-Video-Installation „Two Cabins“, 2011, zeigt diese extrem „langatmigen“ Aufnahmen und unterlegt sie jeweils mit Sound, der aufgenommen wurde an den originalen Standplätzen der Hütten - eine überaus subtile Bild-Tonschere, die die jedwede dokumentarische Ästhetik selbstkritisch hinterfragt. Eine Replik der Schreibmaschine Kaczynskis sowie ein präziser Nachbau des Schreibpultes von Thoreau runden das Bild dieser komplexen Installation ab. Auch in der Ausstellung gezeigte bildnerischen Arbeiten stellen Bezüge zu Thoreau und Kaczynski her, und zwar auf dreierlei Weise: Zum Einen handelt es sich bei diesen mehr oder weniger „dilettantisch“ gemalten Bildern um Gemälde von Künstlern, die ebenfalls als „Outsider“ gehandelt werden, um Henry Drager oder Jesse Howard z. B.; zum Zweiten werden diese Bilder, wie Schreibmaschine und Pult auch, so authentisch wie unauthentisch zugleich als „originalgetreue“ Kopie gezeigt, dieses Mal angefertigt von Benning selbst; und zum Dritten hängen diese Bilder normalerweise in den von Benning auf seinem Gelände nachgebauten Hütten der Beiden. Text- und Textilarbeiten sowie u.a. weitere Video-Installationen sind in der beinahe retrospektiv angelegten Ausstellung ebenfalls zu sehen. Unbedingt anschauen!
Mehr Texte von Raimar Stange

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James Benning
14.02 - 10.05.2015

Kunstverein in Hamburg
20095 Hamburg, Klosterwall 23
Tel: +49 40 33 83 44, Fax: +49 40 32 21 59
Email: hamburg@kunstverein.de
http://www.kunstverein.de/
Öffnungszeiten: Di-So 12-18 h


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