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Alexej von Jawlensky: Glosende Transformationen

Zitronengelb stößt auf flammendes Zinnoberrot, darunter grelles Froschgrün, unheilvolles Schwarz. "Die Lampe" malte Alexej von Jawlensky 1908, schon am Beginn ist alles angelegt, was seine Malerei bis zu den fulminanten, abstrakten Leidensbildern am Lebensende ausmacht. Glosende Farben, umrahmt von strukturierenden Linien, ein unruhig, bewegter Pinselstrich verwandeln banale Gegenstände in schreiende Stilleben. Ob Landschaften, Menschen, Dinge: Jawlenskys analytischer Blick geht unerbittlich an Wesen und Kern der Dinge, formt die Welt, die er sieht, zum intensiven, flächigen Farbrausch. Von dunkelgelben Wänden glüht das Frühwerk, selbst sein erstes Bild, "Der Jude Abraham", noch akademisch, hat schon ein Glosen im Auge. Nach ein paar impressionistisch gespachtelten Exkursen gibt der "Schwarze Tisch" 1901 den künstlerischen Weg vor. Ein schwebender, strahlendweißer Teller, wie eine Hostie, vom Möbel nur die schwarze Beinstruktur, der Rest: graue Farbschlieren in perspektivischer Schräge. Dunkelrote Wände in der großen Säulenhalle: Landschaften mit dominanten, schwarzen Telefonmastkreuzen, Gesichter mit großen, umrandeten Mandelaugen, roten Wangenkreisen auf grüngelber Haut. Dichter, greller, abstrakter, intensiver: Jawlensky löst sich vom Gegenstand, transformiert Natur zu linienlosen, bewegten Farbvariatonen. Der Rausch schwindet, weicht der Askese. Ruhe kehrt ein, der Maler dringt in innere Gefilde vor, die Zeit der "abstrakten Köpfe." Die Mandelaugen haben sich geschlossen, sind zu horizontalen Linien geworden, wie Nase und Mund. Schräge weicht der ordnenden Stille des rechten Winkels, Nase und Augen nähern sich dem Kreuz. Oft schimmert Leinwand durch: An die Essenz geht diese Malerei, keine Grundierung verdeckt die Substanz. Mystische Dimensionen erreicht Jawlensky am Lebensende: Sein persönlicher Kreuzweg, eine schwere Arthritis, zwingt ihn, mit dem Mund zu malen. Wie eine Kapelle wirkt der letzte Raum, in dem nur noch die kleinstformatigen "Meditationen" hängen. Schmerz und Leid, auf das Wesentliche reduziert: Gesichter, die zu Kreuzen werden.
Mehr Texte von Isabella Marboe

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Alexej von Jawlensky
27.04 - 21.09.2003

Kunsthalle Krems
3500 Krems, Franz-Zeller-Platz 3
Tel: +43-2732 90 80 10, Fax: +43-2732 90 80 11
Email: office@kunstalle.at
http://www.kunsthalle.at
Öffnungszeiten: Di - So und Mo wenn Feiertag 10-18 Uhr; in den Wintermonaten 10-17 Uh


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