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lesen [Literatur]: Zwischen den Wänden

Ist es wirklich so schlimm bestellt um die Künstlerschaft von heute, dass das Lesen von literarischen Texten einen nachgerade „frivolen Luxus“ bedeutet? Lesen als wertvolle aber sinnfreie Tätigkeit „wenn es nicht im Kontext projektbezogener informativer Recherche geschieht, ohne Zwang der Verwertbarkeit, ohne unmittelbare Notwendigkeit“. „ lesen [Literatur]“ lautet der Titel einer Ausstellung, die auf die bewährte Kombination einer Reaktion von Bild auf Text setzt, nicht als Illustration, nicht als Vereinnahmung, sondern als atmosphärische Annäherung. Warum Lesen ohne triftige Begründung, einfach zum eigenen Plaisir heute so schwierig sein soll, begründet Ingeborg Strobl, auf deren Konzeption die Ausstellung zurückzuführen ist, mit allgegenwärtiger Information, permanenter Verfügbarkeit von Wissen. Gleichzeitigkeit, Vernetzung, Multitasking und Erfolgsdruck lieferten Erklärungen ab, kurzum, man setzt sich nur mehr mit literarischen Texten auseinander oder lässt sich kontemplativ auf Geschriebenes ein, wenn es unmittelbar der persönlichen Positionierung in einem alles bestimmenden Wettbewerb dient. So die Argumentation auf dem Informationsblatt der Ausstellung. Man könnte dem Konzept nun nachsagen, es hinke etwas, hat man doch mit der Ausstellung nun 12 Künstlern einen erfolgsversprechenden Grund gegeben sich ihrerseits mit Literatur auseinanderzusetzten, einen Text zu wählen und in ihrer eigensten künstlerischen Sprache darauf zu reagieren. Das Konzept ist mitnichten neu, die Ausstellung kann man dennoch als gelungen bezeichnen, was an der vielfältigen Auswahl der Positionen und wiederum deren literarischen Vorbildern liegt. Assunta Ab del Azim Mohamed antwortet auf ein Gedicht Christine Lavants aus dem Band „Die Bettlerschale“ mit einer feinen wie feinnervigen großen Kugelschreiberzeichnung mit allerlei skurrilem Personal. Clemens Denk verbindet „Die Abschiede“ von Friederike Mayröcker mit einer mehrteiligen Serie, die das Motiv der zum Kreis gelegten Schienen immer wieder aufnimmt. Installationen werden bemüht, wie Fotografien, Skulpturen, Zeichnungen wie Filmsequenzen. Am Ende des Ausstellungsparcours trifft es Jakub Vrba wunderbar ironisch auf den Punkt. Dem bissigen Stück Kurzprosa „Hotel Waldhaus“ von Thomas Bernhard setzt der Künstler eine Installation entgegen. Einer Wand der Galerieräume ist eine weitere Wand, gleichsam als Kulisse vorangestellt. Der Zwischenraum ist eng, aber betretbar, bietet so manche Fußangel, doch macht sie einen durch die Inszenierung des Lichts und einen bunten point de vue glauben, es würde lohnen, sich durchzuarbeiten, auch wenn es keinen Sinn macht. Womit alles zur Thematik des Lesens wohl visualisiert wäre.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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lesen [Literatur]
16.01 - 14.03.2015

Kunstraum Niederoesterreich
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Tel: +43 1 90 42 111, Fax: +43 1 90 42 112
Email: office@kunstraum.net
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Öffnungszeiten: Di-Fr 11-19, Sa 11-15 h


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