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Rosemarie Trockel - Märzôschnee ûnd Wiebôrweh sand am Môargô niana më: Punktlandung mit Gamsbart

Erst selten waren die Arbeiten von Rosemarie Trockel in Österreich zu sehen. Dass das Kunsthaus Bregenz nun eine große Soloshow zeigt, war also längst überfällig. Allerdings präsentiert die Bregenzer Schau weder die Strickbilder noch die Kochplatten, mit denen die deutsche Top-Künstlerin einst berühmt wurde. Bloß in einem Digitaldruck findet eine Kochplatte Widerhall. Er reiht sich ein in eine Sammlung von Prints, in denen Trockel aus unterschiedlichsten Quellen ihrer Vergangenheit schöpft – sie bilden den Einstieg in die Ausstellung, fast so, als würde die Künstlerin hier Einblick in ihre Referenzen geben – manches kehrt später in seiner realen Ausformung wieder, etwa Fleischteile, Streifenbilder oder Sofas. Alles wirkt hier recht aufgeräumt, exakt gesetzt; ebenso geht es in den anderen Stockwerken weiter: Stählerne Sofas mit Plastiküberwurf sind präzise auf grauen Teppichen arrangiert, Wollbilder und hängende Bänke bilden eine sorgfältige orthogonale Komposition. Doch Trockel beweist auch, dass sie den sarkastischen Witz nach wie vor beherrscht. An der Spitze einer Leuchtröhre, die senkrecht an die Wand montiert ist, sitzt eine überdimensionale Verhütungsspirale, dazwischen ringelt sich eine Schnur. Schwert, Phallus, Verhütungsmittel, ja sogar einen Bischofsstab könnte man mit diesem ikonischen Werk (sprechender Name: „Spiral Betty“) assoziieren. Die komplexeste Arbeit wartet im obersten Geschoss: Eine androgyne Figur blickt das Publikum neugierig an – auf dem Kopf trägt sie eine Wanne mit Gamsbärten, offensichtlich von Jägern geklaut. Am augenfälligsten ist ihr Outfit – ein gefältelter Rock, inspiriert von der lokalen Bregenzerwälder Tracht, über den eine schusssichere Weste gezogen wurde. Eine Art Amazone hat Trockel hier ersonnen, die einen nonchalant-irritierenden Umgang mit Traditionen pflegt, sich männlich Konnotiertes ebenso einverleibt wie sie weiblich Zugeschriebenes für sich adaptiert. Trockels Art, Komplexität mit Ikonizität zu vereinen und dabei auch noch so punktgenau witzig zu sein, ist nach wie vor schlicht und einfach einzigartig.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Rosemarie Trockel - Märzôschnee ûnd Wiebôrweh sand am Môargô niana më
24.01 - 06.04.2015

Kunsthaus Bregenz
6900 Bregenz, Karl Tizian Platz
Tel: +43 5574 48 594-0, Fax: +43 5574 48 594-8
Email: kub@kunsthaus-bregenz.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at
Öffnungszeiten: Di-So 10-18, Do 10-20 Uhr


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