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Himmelschwer: Gewogen und zu leicht befunden

Offenbar gibt es seit dem Jahr 2000 ein EU-Projekt namens "Gravity. Arts-Religion-Science". Offenbar gibt es im Jahr 2003 ein Grazer Projekt namens "Kulturhauptstadt". Und offenbar gibt es bei beiden Geld. Die Schnittmenge nennt sich "Himmelschwer. Transformationen der Schwerkraft". Sie ist organisiert vom Kulturzentrum bei den Minoriten, hat ihren Hauptteil im Joanneum und diverse Nebenschauplätze über die Stadt verteilt. Nun ist die Gravitation schlechterdings einmal da. Eine These, wie sie Themenausstellungen oftmals gut zu Gesicht steht, ist damit von vornherein ad absurdum geführt. Entsprechend hat "Himmelschwer" auch kein Leitmotiv, sondern man führt vor, wie sich die Bilder abgearbeitet haben am Prinzip oben und unten. Das kann in Gestalt einer barocken Himmelfahrt geschehen oder sich als utopischer Versuch zeigen, einfach abzuheben, das kann irgendwelche Aufgehängten bedeuten oder Versuche mit dem Pendel. Das kann alles bedeuten. Insofern hängt, ob die Ausstellung gut ist, zum einen an der Evidenz der Exponate. Deren Auswahl hat sich diesmal völlig verfranst im Universum des Ausleihbaren. Drittklassiges aus der Salzburger Barockgalerie baut sich auf, Willkürliches aus der Gegenwartsproduktion und wo es einmal, wie beim Kremser-Schmidt, leidlich Qualitätvolles gibt, versinkt das Gezeigte in einer Grube aus Düsternis, um das Video nebenan nicht zu stören. Und es hängt zum anderen an der Triftigkeit der Gruppierung. Es gefiel den vier Kuratoren, das Phänomen nach einer Art von kinetischen Zuständen anzugehen, also etwa das Motiv der Schwere zu nehmen, des Stürzens oder des Aufsteigens. Es gibt auch eine Abteilung Schweben und da sieht man Yves Klein in seinem berühmten Sturz in die Leere, sieht die poppigen "Kekse" von Sigmar Polke, die den diffusen Fond der Werbefotografie mitenthalten, und man sieht Raffaels Sixtinische Madonna in einer Kitschversion des 19. Jahrhunderts. All das soll sage und schreibe speziell mit Schweben in Verbindung stehen. Die Ausstellung unterliegt, mit einem Wort, selbst einem Gravitationsproblem. Sie lässt sich wiegen und wird dann zu leicht befunden. Und das ganz leicht.
Mehr Texte von Rainer Metzger

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Himmelschwer
11.04 - 15.06.2003

Universalmuseum Joanneum
8010 Graz, Neutorgasse 45 A
Tel: +43 316/8017-9660, Fax: +43 316/8017-9669
Email: post@museum-joanneum.at
http://www.museum-joanneum.at/
Öffnungszeiten: Di - So 10:00 - 18:00, Do 10:00 - 21:00


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