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Civic Radar: Lynn Hershman Leeson - die Retrospektive: Friends of Roberta

Ihr Leben begann als sie im Dante Hotel, San Francisco eincheckte, um in der Stadt eine neue Existenz zu gründen. Sie war 30-jährig, frisch geschieden und ihre Ersparnisse beliefen sich auf rund 1800 Dollar. Knapp fünf Jahre später, nach einer Performance im Palazzo dei Diamante ist die Figur Roberta Breitmore Geschichte, die Künstlerin Lynn Hershman Leeson von ihrem alter ego befreit. Roberta Breitmore, von deren gleichsam performativen Leben es zwischen 1973 und 1979 Zeugnisse gibt, ist , neben den „Phantom Limbs“ (1985/87), womöglich die bekannteste Arbeit der amerikanischen Künstlerin, die zum einen selbst in die Rolle ihrer Protagonistin geschlüpft ist, zum anderen bisweilen jedoch simultan von Kolleginnen übernommen wurde. Seien es nun Annoncen in denen sie nach einer Mitbewohnerin sucht, Protokolle von psychoanalytischen Sitzungen, Kontobewegungen oder Überwachungsbilder, die Aktivitäten der jungen Frau wurden gründlich dokumentiert und in Anbetracht all dieser Zeugnisse wird schnell deutlich, dass es sich bei Roberta Breitmore um eine unsichere, von Phobien und Ängsten gebeutelte Frau handeln muss. Lynn Hershman Leeson, der das Karlsruher ZKM zur Zeit eine umfangreiche Retrospektive samt neuester Werke widmet, gilt heute als eine der einflussreichsten und innovativsten Medienkünstlerinnen. Seit den frühen 1960er Jahren machte die Künstlerin mit Installationen, Performances und Skulpturen auf sich aufmerksam, von Anfang an kreisten ihre Themen um Fragen wie Identitätskonstruktion, der Rolle von Frauen ebenso Minderheiten, der Bedeutung von Medien. Hershman experimentiert stets als eine der Ersten mit neuen Medien und deren Möglichkeiten, bezieht die wissenschaftliche Erkenntnisse mit ein. Reale und virtuelle Welten werden miteinander in Beziehung gestellt, der Rezipient wird in das virtuelle Geschehen involviert. Erstmals in der Kunstgeschichte entwickelte Hershman 1979 mit „Lorna“ eine Arbeit, die es den Nutzern ermöglichte in das Geschehen um die Protagonistin einzugreifen, ebenso wie man seit 2002 mit Agent Ruby Kontakt aufnehmen kann oder DiNA (2004), die auf Fragen ihres realen Gegenübers individuell Antwortet. Wechselwirkung zwischen Virtualiät und Realität, Identität und Geschlechterkonstruktion sowie sexuelle Selbstbestimmung, in Hershmans höchst unterhaltsamen Spelfilm „Tecnolust“ (2002) mit der hinreißenden Tilda Swinton in der Rolle der Wissenschaftlerin Rosetta Stone und ihren drei illegalen Klonen fließen all diese Themen zusammen. Man kann die von Andreas Beitin und Peter Weibel kuratierte Schau als Musterbeispiel einer gelungenen Retrospektive bezeichnen. Dies mag nicht zuletzt auch an einem Team und deren technischen Möglichkeiten liegen, das Oeuvre einer Medienkünstlerin zu in Stand und Szene zu setzten, das sich über mehrere Jahrzehnte mitsamt allen Entwicklungen im medialen Bereich erstreckt. -- Von 14. Juni – 11. Oktober 2015 ist die Ausstellung in der Sammlung Falckenberg, Hamburg Harburg zu sehen.
Mehr Texte von Daniela Gregori

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Civic Radar: Lynn Hershman Leeson - die Retrospektive
13.12.2014 - 06.04.2015

ZKM - Zentrum für Kunst und Medientechnologie
76135 Karlsruhe, Lorenzstraße 19
Tel: +49-721-8100-0
Email: info@zkm.de
http://www.zkm.de
Öffnungszeiten: Mi - Fr, 10-18 Uhr | Sa - So, 11-18 Uhr


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