Werbung
,

Visionen? Wie bitte?

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Als Frie Leysen via offenem Brief die Strukturen der Wiener Festwochen kritisierte, folgten Aussendungen von Rudolf Scholten – dem Aufsichtsratsvorsitzenden, an den der Text gerichtet war – sowie der Belegschaft auf den Fuß. Kein Wunder: Die Kurzzeit-Schauspieldirektorin des Festivals hatte sie, nicht unbedingt auf die vornehmste Art, gehörig vor den Kopf gestoßen. Die Visionen fehlten, meinte Leysen, die Personalstrukturen seien veraltet, und außerdem werde bloß ein Bruchteil des Geldes für das Kerngeschäft verwendet. Vieles davon trifft auf die großen Museumstanker in Wien ebenso zu. Diese spulen ihr Programm ab, mehr oder weniger interessant, machen Ausstellungen, mehr oder weniger interessant, produzieren Kataloge mit mehr oder weniger wissenschaftlichen Erkenntnissen – vieles davon schwer in Ordnung und grundsolide. Ja, es gibt eine ganze Reihe spannender Projekte in dieser Stadt, man freut sich, wenn man etwa die Arbeiten von Josef Dabernig im Mumok sieht, oder auf Velàzquez im KHM. Aber: Visionen? Was war das noch mal? Wieso ist, außerdem, der Großteil der Museen nicht und nicht imstande, Saaltexte so zu formulieren, dass sie erstens über ein Minimum an Aussagekraft verfügen und zweitens vom Rest der Menschheit ebenso kapiert werden wie von den Kuratoren und Kuratorinnen? Wo doch beträchtliche Ressourcen in Vermittlung und PR fließen? Und warum können die Museen in einem der reichsten Länder auf der Welt bloß ein wirklich grottenschlechtes Budget für Neuankäufe ausgeben? Steht denn nicht das Sammeln an allererster Stelle bei der Definition musealer Aufgaben? Und wer ist für diese Langzeitmisere tatsächlich verantwortlich? Die Kulturpolitiker, die einfach nicht mehr Geld zur Verfügung stellen wollen oder können, oder auch ein bisschen die Direktoren und Direktorinnen selbst? Schließlich wird die Aufteilung des Budgets ja nicht vom Ministerium bestimmt, sondern seit der Vollrechtsfähigkeit von den einzelnen Häusern entschieden. Es wäre gut, wenn wieder einmal jemand aufschreien würde, undiplomatisch, laut, wie Frie Leysen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Ihre Meinung

1 Posting in diesem Forum
Herr
Erwin Schwentenr | 05.08.2014 09:56 | antworten
" . . mehr oder weniger interessant . . . " ist doch schon etwas - und: Über den unendlich langweiligen Dabernig freut sich nicht jeder . . .

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: