Werbung
,

Julie Monaco: Der Geist aus der Maschine

Eine menschenleere Landschaft ist eigentlich ein Paradox. Denn Landschaft existiert nicht ohne den Betrachter. Erst in seiner Wahrnehmung geschieht es, dass Linien, Richtungen und Formen sich zu einem Ganzen ordnen. Trotzdem gibt sich ein Betrachter gerne der Illusion hin, eine menschenleere Landschaft vor sich zu haben und projiziert in sie hinein, was Menschen sich ersehnen: Unberührtheit, Schönheit, Erhabenheit und vielleicht ein Nachklang der biblischen Vorstellung vom Geist Gottes, der über den Wassern schwebte, während er sprach: "Es werde Licht". Solche und ähnliche Gedanken gehen dem Betrachter vor Julie Monacos Fotoarbeiten durch den Kopf. Das liegt sicher zu einem guten Teil daran, dass die meisten davon nichts als Meer und Himmel zeigen. Dramatik geht in den monochromen, sepiafarbenen Bildern vom Spiel mit Hell und Dunkel aus, das Wolken und Wellen eine plastische Tiefe verleiht. Dass Julie Monaco ihren Arbeiten die Form romantischer Landschaften gibt, trifft den Nagel auf den Kopf. Die auf den ersten flüchtigen Blick wie Fotos aussehenden Bilder sind nämlich von A bis Z - oder besser von 0 bis 1 - am Computer errechnet und mittels Rendering in die Landschaften umgewandelt, die wir auf Fotopapier ausgearbeitet nun vor uns sehen. Monaco folgte bei der Entwicklung ihrer Methode dem geometrischen Modell des Fraktals, das einer Beobachtung von Benoit Mandelbaum zufolge als kleinster Teil einer Form der Natur deren Gesamtform wiederholt. Das funktioniert mit Wolken ebenso wie mit Wellen oder Gebirgen, die Monaco seit kurzem ebenfalls generiert. Dass Landschaften Konstrukte sind, die dem folgen, was deren Erfinder in ihren Köpfen haben, ist altbekannt. Die Analogie zum biblischen Schöpfungsmythos ebenfalls. Julie Monaco kokettiert ein wenig mit beidem, nur dass sie anstelle des Pinsels oder des Fotoapparates den Computer und seine Vielzahl von Möglichkeiten dazwischen schaltet. Im Gegensatz zu Malerei und Fotografie entsteht ein dialektischer Effekt: Indem ein Text aus Nullen und Einsern als Landschaft ausgerechnet wird, schlägt Abstraktion durch Technik in Romantik um.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

Werbung
Werbung
Werbung

Gratis aber wertvoll!
Ihnen ist eine unabhängige, engagierte Kunstkritik etwas wert? Dann unterstützen Sie das artmagazine mit einem Betrag Ihrer Wahl. Egal ob einmalig oder regelmäßig, Ihren Beitrag verwenden wir zum Ausbau der Redaktion, um noch umfangreicher über Ausstellungen und die Kunstszene zu berichten.
Kunst braucht Kritik!
Ja ich will

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Julie Monaco
05.03 - 11.04.2003

Engholm Engelhorn Galerie
1040 Wien, Schleifmühlgasse 3
Tel: +43 1 512 79 40 - 20, Fax: +43 1 512 79 40 - 11
Email: office@klausengelhorn.com
http://www.engholmengelhorn.com
Öffnungszeiten: Di 11 - 20, Mi - Fr 11 - 19 u. n. Vereinbarung


Ihre Meinung

Noch kein Posting in diesem Forum

Das artmagazine bietet allen LeserInnen die Möglichkeit, ihre Meinung zu Artikeln, Ausstellungen und Themen abzugeben. Das artmagazine übernimmt keine Verantwortung für den Inhalt der abgegebenen Meinungen, behält sich aber vor, Beiträge die gegen geltendes Recht verstoßen oder grob unsachlich oder moralisch bedenklich sind, nach eigenem Ermessen zu löschen.

© 2000 - 2024 artmagazine Kunst-Informationsgesellschaft m.b.H.

Bezahlte Anzeige
Bezahlte Anzeige
Gefördert durch: