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Max Wolf - Fotografie in der Emigration: Die Apotheose des Urlaubsfotos

Bei Nennung der Begriffe "Amateurfotograf" und "Urlaubsfoto" ergreifen im Normalfall mehr oder weniger stereotype Assoziationen vom geistigen Auge Besitz. Kann man denn anders, als an verwackelte Farbaufnahmen denken? An Bilder von Unbekannten, die an überfüllten Stränden in der Sonne braten? So reizvoll das klingen mag, es geht auch anders. Wie, kann man derzeit in einer Ausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek im Westlicht erfahren. Die etwa 110 gezeigten Fotos entstammen dem umfangreichen Nachlass eines Exil-Wieners, des Hautarztes Max Wolf, der schon vor, aber ganz besonders nach seiner Flucht vor den Nationalsozialisten in die USA in seinen Urlauben immer mit Kamera unterwegs war. 1892 in Wiener Neustadt geboren, wandte sich Max Wolf während der zwanziger Jahre der Fotografie zunächst aus beruflichen Gründen zu: Er dokumentierte damit das Hautbild seiner Patienten. 1938 zur Emigration gezwungen, lebten er und seine Frau Grete einige Monate in Dubrovnik, bis 1939 die Weiterfahrt in die USA gelang, wo sich Max Wolf in New York eine neue Existenz als anerkannter Facharzt aufbauen konnte. Gleich die frühesten Arbeiten vom Ende der Zwanziger weisen ihn als begabten Piktorialisten aus, dessen Fotos von Bauern nach dem Kirchgang an Gemälde des in München zu Ruhm gekommenen Wilhelm Leibl denken lassen. Auch mit der Neuen Sachlichkeit war er wohl vertraut. Ein besonders schönes Urlaubsfoto aus dem Jahr 1936 zeigt ein im Schnee sitzendes Schifahrerpaar, das mit dem Rücken zum Betrachter über die Ötztaler Alpen blickt. Mit dieser vibrierenden Mischung aus Friedrichscher Romantik und Hoyningen-Hueneschem Lifestyle wäre Wolf als Werbefotograf sicherlich gut angekommen. Auch in den übrigen Fotos mit Straßenszenen vom Wiener Stephansplatz, Bildern einer Kreuzfahrt von 1934, Marktszenen in Guatemala oder dem quadratischen Abbild eines französischen Weihers changiert Wolf zwischen Neuer Sachlichkeit und einer bis hin zur Motivwahl an der Malerei des 19. Jahrhunderts geschulten Fotografie, der er sogar meist den Vorzug gab. Doch das ist auch der Grund, warum seine Fotos heute noch so reizvoll sind: Er wusste genau, was ein Bild zum Bild macht.
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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Max Wolf - Fotografie in der Emigration
11.03 - 20.04.2003

Westlicht
1070 Wien, Westbahnstrasse 40
Tel: +43 1 522 66 36 - 0, Fax: +43 1 523 13 08
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