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Margot Pilz - Once upon my time - Java 1942 : Geschichten ohne Ende

Was wie der Beginn eines Märchens klingt – eine Kindheit auf Java – endete fast tödlich. Das Künstlerhaus Wien zeigt bis zum 2. März eine bemerkenswerte Installation der Medienkünstlerin Margot Pilz über Ihre Kindheit in dem japanischen KZ Lampersari auf Java 1942-45. Betritt man den Vorraum der Galerie im Künstlerhaus, so empfängt den Besucher eine Wandtafel auf der die wichtigsten Ereignisse dieses frühen Lebens in Form von Text-Inserts beschrieben sind. Hier erfährt man, dass Margot Pilz, Tochter eines niederländischen HNO-Arztes und einer österreichischen Mutter als Dreijährige mit ihrer Familie nach „Niederländisch- Indien“ kam. Die Kronkolonie der Niederlande war reich und bot dem jungen Arzt gute Verdienstmöglichkeiten. Die Familie ließ sich in der Stadt Semarang auf Java nieder. Sie genoss das Leben etablierter Europäer auf der Insel bis im März 1942 die Japaner Java überfielen. Der Vater hatte Europa auch wegen des bedrohlichen expansiven Nationalsozialismus verlassen und sah sich nun mit den Verbündeten Hitlers konfrontiert. Kurze Zeit später wurde er nach Sumatra deportiert. Mutter und Kind flüchten in die Berge und als die Mutter im Dorf Medikamente holen will wird sie verhaftet. Als gebürtige „Reichsdeutsche“ wird sie festgenommen und aufgefordert das Hakenkreuz zu tragen. Sie weigert sich und bleibt standhaft. Der Preis dieses Mutes ist Lagerhaft. Das Kind Margot, schon sechs Jahre alt, verbleibt bei einer Freundin der Mutter, die nach kurzer Zeit beginnt Lager für Lager mit einem Ochsenkarren abzufahren. Schließlich finden sie die Mutter in Lampersari. Das Kind wird der Mutter übergeben. Margot muss auch ins KZ (sic!!) Die Künstlerin Margot Pilz hat nun in den zwei Räumen der Galerie episodenhaft einzelne Sequenzen dieses Aufenthalts inszeniert, sodass der Besucher ein ziemlich eindrückliches Bild dieser Gewaltherrschaft bekommt. Am Beginn sind zwei Darsteller zu sehen die in einer Performance den japanischen Gruß vorspielen. Es sind schrille Töne, die da durch die Räume hallen. Die Lagerinsassen mussten angesichts einer japanischen Amtsperson in tiefer Verneigung den japanischen Kaiser grüßen. Wer das nicht tat oder tun konnte wurde_brutal zusammengeschlagen. Welcher Drill und Sadismus und Demütigung in diesem Ritual lag, sieht man dem Haar der einen Darstellerin an. Sie sind zu kurz für einen Zopf. Sie wippen neben dem Kopf hin und her, schwingen die vehemente Bewegung mit und lassen sich eigentlich nicht bändigen.(1) Im zweiten Raum der Ausstellung ist ein asiatisches dreifaches „Stockbett“ zu sehen und in Überblendungen sieht man die heutige Margot Pilz darauf sitzen. Mal erscheint sie als Projektion an der Wand mal verschwindet sie wieder. Begleitet wird diese Installation von ihrer Stimme, die von den Ereignissen in dem KZ berichtet. Es ist eine Stimme die zum Zuhören zwingt. Am Boden des Raums befinden sich Quadrate aus Steinen und gestampfter Erde, gleich dem Boden der Häuser auf Lampersari, wo die Frauen wohnten. Laken in einem Quadrat könnten eine Referenz auf die Typhuserkankungen von Margots Mutter sein. Als kleines Mädchen hüllt sie ihre Mutter während dieser Epidemie in kalte Leintücher. Das Heben der nassen Tücher wird für sie zur Herausforderung. Der Krieg im Fernen Osten endete im August 1945. Am 2. September 1945 erfolgte die bedingungslose Kapitulation Japans auf dem Schlachtschiff Missouri. Das KZ war ab August sich selber überlassen. Amerikanische und britische Flugzeuge flogen über das Gelände, die Insassen jubelten. Trotzdem wurde es für Europäer noch schwierig in Java. Es waren zu viele militärische Kräfte mit unterschiedlichen Interessen in Land. Auch die einheimische Unabhängigkeitsbewegung, los von den Niederlanden, wurde stark und manchmal auch gefährlich. Margot Pilz und ihre Mutter hatten Glück. Sie überlebten die Schrecknisse des Lagers und die Wirren danach. Der Vater von Margot hatte ebenfalls überlebt. Gemeinsam wurden sie mit dem Schiff in die Niederlande repatriiert. Die Installation, die Margot Pilz hier im Künstlerhaus entwirft, ist eine leichtfüßige narrative Inszenierung eines schweren Themas. Pilz gelingt es einen sensitiven Eindruck dieses Lagerlebens zu vermitteln. Die dabei verwendeten Objekte sind wie Requisiten dieses früheren Lebens und man kann im Raum umhergehend dieser Stimme lauschen. Am Schluss ihrer Rede endet sie mit dem Satz: „Solche Geschichten sind uralt. Sie wiederholen sich immer und immer wieder, Guantanamo, Lampedusa, Syrien, ohne Ende.“ -- Die beiden PerformerInnen Nora Jacobs und Dorothea Zeyringer zeigen nochmals am Ende der Ausstellung – 2.3.2014, 16 Uhr - ihre hervorragende Performance zum Sadismus im Lager Lampersari.
Mehr Texte von Susanne Rohringer

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Margot Pilz - Once upon my time - Java 1942
07.02 - 02.03.2014

Künstlerhaus Wien
1010 Wien, Karlsplatz 5
Tel: +43 1 587 96 63
Email: office@k-haus.at
http://www.k-haus.at
Öffnungszeiten: täglich 10-18 h, Mi + Fr 10-22 h


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