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Standby: Transmediales Depot

Die Klasse Transmediale Kunst an der Universität für angewandte Kunst, geleitet von Brigitte Kowanz, stellt aus: In einer Passage im ersten Bezirk von Wien wickelt sich „Standby“ ab. Der Raum hat eine große Fensterfront, eine lange Wandfläche und ist nicht viel mehr als 70 Quadratmeter groß; darin sollten nun Werke von 23 StudentInnen der Angewandten gezeigt werden. Die scheinbare Unvereinbarkeit wurde als Herausforderung angenommen. Eine Raumhälfte wird vom „Depot“ eingenommen, es steht permanent auf „Standby“. Darin sind sämtliche 23 Exponate verstaut, bis auf jenes, das jeweils für einen Tag in den anderen Raumteil geschoben und präsentiert wird. Das Depot wird verändert, wandelt stetig sein Aussehen, bleibt aber immer eine nie ganz zu durchschauende, arrangierte Ansammlung von Arbeiten. Die vordergründig chaotisch wirkende Situation ist allerdings konsequente Strategie. „Transmediale Kunst“ lehrt Brigitte Kowanz. In der Programmatik der Ausbildung liegt der Fokus, um es aufs Knappste gebündelt zu definieren, auf Transgression, d.h. Überwindung, bzw. Nichtanerkennen von Grenzen. Kunst wird als prozessuale Form verstanden, in der experimentelle Methodik als zielführende oder zumindest Erkenntnis bringende Praxis einen relevanten Stellenwert einnimmt. Grenzüberschreitung innerhalb künstlerischer Disziplinen wird nicht nur erlaubt, sondern mitunter eingefordert. Eine Dynamik soll provoziert werden, im Diskurs innerhalb der Diversitäten der Positionen in der Klasse, wie auch nach außen, gegenüber dem wissenschaftlichen und vor allem gesellschaftlichen Umfeld. „Standby“ ist dem entsprechend ein anarchisches Unternehmen, das herkömmliche Kategorisierungen außer Acht lässt. An Stelle einer (nie objektiv realisierbaren) Qualifikation der sehr unterschiedlichen Arbeiten der durchwegs engagierten StudentInnen für einen kaum repräsentativen statischen Zustand, bestimmt Prozessualität die kuratorische Haltung und verlangt damit Flexibilität und Konzentration von den Ausstellenden wie von den RezipientInnen. Zugleich ist „Standby“ ein Spiegel unserer Zeit, in der Wahrnehmung immer nur fragmentarisch möglich ist, (Kunst–)Geschehen als ephemeres Erlebnis erfahren wird und vor allem in Erinnerung und Dokumentation erhalten bleibt. Nur temporär zeigt sich das einzelne Exponat – auf standby ist im Grunde ein Großteil der KünstlerInnen der gegenwärtigen Kunstszene, um nach einer befristeten Zeit der Präsenz der nächsten Künstlerin, dem nächsten Künstler die Bühne zu überlassen. Exemplarisch ist auch die Ausstellungssituation, nur vorübergehend steht das Gebäude dem Kunstgeschehen zu Verfügung, bezeichnenderweise als vergrößertes Schaufenster in einer Fußgänger–Passage. Das Konzept ist gleichzeitig didaktisch relevant. Die StudentInnen sind nicht nur ProduzentInnen, sie manipulieren am jeweiligen Tag selbst ihr Werk und damit zugleich das Depot und sein Erscheinungsbild. Sie sind während der eintägigen Ausstellungsdauer anwesend, erklären ihre Arbeit den BesucherInnen, fotografieren und filmen das Geschehen. D.h. sie nehmen verschiedene Rollen ein, sie kuratieren, vermitteln, verwahren und bewahren und sie dokumentieren. Malerei, Zeichnung und Skulptur, Projektion, Installation, Video, Akustik, Analoges und Digitales, Konzeptuelles und Performatives wechseln einander ab und geschehen auch gleichzeitig. Die Disziplinen greifen ineinander, wie die verschiedenen Thematiken, die angesprochen werden. Kritik an Gesellschaft und Kunstszene, formale Selbstreferenz, kunsthistorische Verweise oder projektiv futuristisches Gedankengut verzahnen sich zu einem stetig mutierenden Flechtwerk. Ist der Prozess nach 23 Ausstellungstagen abgewickelt, ist das transmediale Geschehen in komprimierter Form als Video dokumentiert und wieder, wenngleich als verdichteter Monolith, abrufbar. transmedialekunst.com
Mehr Texte von Margareta Sandhofer

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Standby
16.01 - 13.02.2014

Projekträume der Sammlung Lenikus
1010 Wien, Bauernmarkt 9
http://www.sammlunglenikus.at/journey.php


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