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Art Basel Miami Beach: Miami und die Mitte

Gerüchte gab es schon seit Jahren. Nach Los Angeles solle es die Art Basel ziehen, Miami aufgegeben werden. Tatsächlich hat Direktor Marc Spiegler in den letzten Monaten in San Francisco mögliche Optionen sondiert, nur um letztlich doch ein Bekenntnis zu Florida abzugeben. Miami Beach ist ein beliebtes Ziel für den Winterurlaub und die Nachbarstadt Miami der Hub nach Lateinamerika. Das macht den Standort interessant als Drehscheibe für Kunst. Trotzdem hatten es die Schweizer seit jeher nicht leicht, die potenten Sammler aus südlicheren Gefilden anzulocken. Das scheint in diesem Jahr jedoch ganz gut zu funktionieren; die schon zuvor in aller Welt gesichteten sagenumwobenen Brasilianer machen offensichtlich auch in Miami Halt. Allerdings ist die Konkurrenz um die Aufmerksamkeit dieser Sammler ebenfalls gewachsen. Die Zahl der Satellietnmessen hat sich hartnäckig bei rund 20 eingependelt und der Wynwood District auf dem Festland in Miami hat sich zu einem zweiten Kunstzentrum entwickelt. Der Art Basel Miami Beach selbst scheint das kaum etwas anzuhaben. 258 Aussteller zeigen die gewohnt hohe Qualität. Die allgemeinen Marktbedingungen führen jedoch zu Veränderungen im Angebot. Bei Neugerriemschneider aus Berlin, deren Stand als großer Kubus von Jorge Pardo wie ein Salon gestaltet wurde, will man zwar nur Gutes berichten und verweist auf die Zeitgenossen-Auktionen in New York mit ihren Rekordergebnissen. Verkauft wurde aus dem gesamten dekorierten Galerieprogramm. Doch eine französische Galerie, die mid career artists und etablierte Positionen anbietet, ist trotz einiger kleinerer Verkäufe nicht so zufrieden: "Die Nervosität fehlt dieses Jahr", heißt es. Das könnte am Segment liegen. Wer keine Künstler unter 35 im Programm hat oder nicht mit Wiederentdeckungen bislang übersehener Künstler aufwarten kann, hat ein Problem mit dem hohen Preisniveau, das sich in den 2000er Jahren etabliert hat und von dem es jetzt kein Zurück mehr gibt. Für noch nicht kanonisierte Positionen möchte aktuell kaum jemand die geforderten Summen ausgeben. Natürlich gibt es bei der Museumsware immer noch Millionenwerke. So bieten die New Yorker Hammer Galleries als zentrales Stück am Stand ein spätes Mädchenportrait von Amedeo Modigliani für 25 Mio. US-Dollar an, das allerdings schon etwas länger auf dem Markt ist. Bei Thomas aus München warten zwei Damen bei der Garderobe von Max Beckmann aus dessen New Yorker Zeit für 10,8 Mio. Dollar auf Kunden. Gagosian prunkt mit einem der glitzernden Ostereier von Jeff Koons. Die jüngeren oder progressiveren Aussteller neigen hingegen nicht selten entweder zu kleineren Formaten oder jüngeren Künstlern. Mehdi Chouakri zeigt eine wandfüllende Arbeit Martin Feldmanns, der einige Dutzend Bilder von Wellen, vornehmlich aus dem 19. Jahrhundert, inklusive Rahmen zusammengetragen hat. Beim Preis von 30.000 Euro gibt es da ziemlich viel Kunst fürs Geld. Corbett vs. Dempsey aus Chicago haben Karl Wirsum wiederentdeckt, einen Mitbegründer der Chicagoer Künstlergruppe The Hairy Who, der großen Einfluss auf Jim Nutt und später Eric Fischl hatte, aber wesentlich weniger bekannt und kommerziell erfolgreich ist als diese. Seine bizarren Zeichnungen aus den 60er und 70er Jahren, die ihre Inspiration aus Werbung, Comics und Art Brut ziehen, werden jetzt für 7.500 Dollar angeboten. Mit Einstiegspreisen lockt auch Niels Borch Jensen aus Kopenhagen und Berlin. Die Drucke von Thaddeus Strode erinnern in ihrer wilden Kombination von Motiven und ihrem skurrilen Humor an Sigmar Polke, kosten in einer Auflage von Sechs jedoch nur 1.600 Dollar. Nächst St. Stephan zeigt Arbeiten von Polly Apfelbaum aus den frühren 90er Jahren. Die Zeichnungen kosten einzeln 1.500 Dollar. Derartige Beträge finanzieren nicht den Stand auf einer so kostspieligen Messe wie der Art Basel Miami und funktionieren bestenfalls als Beifang. Den Umsatz muss bei den meisten Galerien ausgerechnet jenes Segment machen, das seit einigen Jahren unter Druck steht. Wie lange der Kunstmarkt, dessen Mitte erodiert, noch den internationalen Messezirkus mit seinen unzähligen Veranstaltungen unterhalten kann, ist offen. Zu den Opfern wird die Art Basel wohl nicht gehören.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Art Basel Miami Beach
05 - 08.12.2013

Art Basel Miami Beach
Miami, Miami Beach Convention Center
http://www.artbaselmiamibeach.com/go/id/ss/lang/eng/


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