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Anna Artaker, Rekonstruktion der Rothschild'schen Gemäldesammlung in Wien: Stillleben im Widerstand

Man hätte den Zeitpunkt der Eröffnung kaum besser wählen können: Gerade, als alle Zeitungen über Raubkunst und Restitution (Ucicky, Beethovenfries, Gurlitt) berichteten, präsentierte Anna Artaker ihre Installation in der Wiener Arbeiterkammer (AK). Dort rekonstruiert sie auf Wandtapeten auszugsweise die Gemäldesammlungen der Wiener Rothschilds. Dass deren zwei – 1938 enteignete, in der Nachkriegszeit abgerissene – Palais einst am heutigen Standort des AK-Gebäudes sowie des AK-Bildungszentrums gleich nebenan standen, ist wohl nur wenigen bewusst. Artaker druckte 77 der hunderten Gemälde, die sich in den Kollektionen von Nathaniel und Albert Rothschild sowie deren Söhne befanden, auf Tapeten, in ihren originalen Größen und mitsamt Foto- und Provenienznachweisen. Letztere geben Aufschluss über die verschlungenen Wege, die manche Werke gingen: Unter einem Männerbildnis von Friedrich von Amerling ist etwa vermerkt: „Kriegsverbleib – bestimmt für das Führermuseum Linz. Restitution 16.5.1946, danach 1947-1998 Belvedere, Inv. Nr. 4262, Christie’s London, 8.7.1999, lot 211“. Bekannter als das Amerling-Porträt sind die Gemälde von Frans Hals, die lange im Kunsthistorischen Museum hingen, erst 1998 zurückgegeben wurden und eine wichtige Rolle in der Restitutionsgeschichte spielen. Artaker gruppierte die Werke nach der Herkunft ihrer Künstler, beginnend mit den Porträts und galanten Szenen der Franzosen (Francois Boucher, Jean-Honoré Fragonard), gefolgt von einem großen Bestand an niederländischer Malerei (Jan Fyt, Jacob van Ruisdael, Adriaen van de Velde, Melchior de Hondecoeter), einigen Italienern (Francesco Guardi, Canaletto) und Briten (Thomas Gainsborough, George Romney) und, zum Schluss, Werken aus dem deutschsprachigen Raum (Hans Holbein, Meister vom Schloss Liechtenstein). Manche der Werke sind in Schwarzweiß abgebildet – ein Verweis auf deren unbekannten Verbleib. Leider geizt die Präsentation ein wenig mit Detailinformationen. In der rauen Umgebung der Schalterhalle entwickeln die Drucke der Stillleben, Veduten, Porträts, Landschaften und Genreszenen fast so etwas wie Widerständigkeit, sträuben sich geradezu gegen die nüchterne Halle, die von dominanten Pfeilern zerschnitten wird; durch die Art der Reproduktion lassen die Bilder ihr – häufig unfreiwilliges – Publikum dennoch jene Schwellenangst überwinden, die eine herkömmliche Museumspräsentation stets evoziert. So spricht die vielschichtige Arbeit nicht nur über Raubkunst und Restitution, sondern auch über essenzielle Fragestellungen der Kunstpräsentation und –vermittlung.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Anna Artaker, Rekonstruktion der Rothschild'schen Gemäldesammlung in Wien
13.11.2013 - 30.04.2014

Arbeiterkammer Wien
1040 Wien, Prinz Eugenstraße 20-22
http://kultur.arbeiterkammer.at/


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