Lois Renner - Blooming Worlds: Stratege des Verwirrspiels
„Tiepolois“ nennt er sich, so wie er sich darstellt auf seinem Bild Florida: Die Pose des Stars der Deckenmalerei des Seicento mimend, mit Farbe bespritzt, Pinsel in der Hand, auf einem Gerüst am Plafond seines Ateliers sich nach zwei idealisch schönen Modellen wendend. Als eifere er Giambattista Tiepolo nach, der in wunderbaren Figuren, sinnlichen, manchmal exaltierten Farben und Formen in Palästen und Kirchen Sehnsüchte einlöste indem er in seinen Wandmalereien fantastische, göttliche Wirklichkeiten fingierte.
Lois Renner schafft auch Illusionen, mit Kalkül und modernen Mitteln, in der Raffinesse dem Idol Tiepolo ebenbürtig. Nur ist die Vision Renners keine homogene Einheit, sie ist ein Gefüge von verschiedenen divergierenden Realitätssplittern, die formal zu einem Einklang geführt werden, der praktisch nicht möglich ist. Er schafft Bilder, die von Räumen handeln: Raum eines Modells und tatsächlicher Raum des Ateliers sind in der glatten Zwei–Dimensionalität von großformatigen C-prints (Diasecs) miteinander verquickt, darin agieren die Protagonisten wie Komparsen, Versatzstücke, die keiner der Ebenen auf Renners Bühne eindeutig zuordenbar sind.
Die künstlerische Vorgangsweise ist mal leichter, mal schwieriger zu durchschauen, manchmal kaum. Aber damit spielt „Tiepolois“ ja: Bravouröse Malerei und raffinierte Fotografie wechseln einander ab wie die extremen Perspektiven. Die Größenverhältnisse sind verkehrt, analog oder digital, alles Realitäten für sich, alles gleichzeitig. Fläche, Raum und Zeit begegnen sich in simultanen Kippmomenten, die sich in einer oszillierenden Schwebe halten.
Das Nebeneinander der Widersprüche ist ohne Hierarchie, ohne Konflikt aufgefächert, die Dramatik liegt im Detail. In den feinen Nuancen der Mimik der Protagonisten, in Spiegelungen, wie auf der Wölbung einer Blumenvase, in hintergründigen Aus– und Durchblicken, dem sich Entziehen der Grenzen zwischen Malerei und Fotografie.
Sein Atelier ist Renners bevorzugter Schauplatz, ironische Selbstreflektion eines seiner Grundthemen. Als genialischer Freskant präsentiert er sich in Florida. In Atelier (Faun) setzt er sich als Bildhauer pathetisch in Rodin-scher Pose des erschöpften Genies in Szene, die Imitation der „perfekten“ Skulptur des antiken Fauns aus der Münchner Glyptothek im Vordergrund ist das Argument. Referenzen an die Kunstgeschichte dienen als doppelbödiges Mittel der Anspielung.
Das Ziel in Renners taktischem Spiel ist die Wahrnehmung der RezipientInnen, die ziemlich gefordert werden. Er bedient sich einer Verwirrungsstrategie, die aus dem Leben selbst gegriffen ist bzw. diesem sinnbildlich entspricht: Subjektivierte, aufgesplitterte Perspektiven sind mit Präzision über- und hintereinander geschichtet und ineinander verwoben – zu einer räumlichen und zeitlichen Totalität, die reine Vision ist: Eine Neudefinition des klassischen Tafelbildes.
19.11.2013 - 11.01.2014
Mario Mauroner Contemporary Art Vienna
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