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wo steht der baum der uns trennte: Identitätskonstruktionen, ad absurdum geführt

Die Debatte über die Begriffe "Weiblichkeit" und "Männlichkeit" ist eine uralte, deren Beiträge Bibliotheken füllen - von den umwälzenden Untersuchungen einer Simone de Beauvoir oder Judith Butler bis hin zur pseudowissenschaftlichen Lebenshilfelektüre à la "Warum Männer nicht zuhören können und Frauen schlecht einparken". Gesellschaftlich derart konstruierte Kategorien werden in der Ausstellung "Wo steht der Baum der uns trennte" durch teils affirmativ-parodistische, teils pervertierende Strategien analysiert. So inszeniert sich etwa Ursula Mayer in ihrer Fotoarbeit in den prächtigen Suiten des Hotel Imperial als Escort Girl Linda, das je nach Mann ihre Rollen wechselt und so mal Domina, dann wieder nettes Mädel ist. Die auf Zettel niedergeschriebenen Geschichten, die Linda über die Begegnungen mit Kunden erzählt und jene über frühe, teilweise traumatisierende sexuelle Erlebnisse handeln einerseits von Projektionserfüllungen, andererseits von Intimität und Verunsicherung. Komplementär dazu irrt in Kamen Stojanovs bedrückendem Videoloop "Hunting" aus Found Footage-Material der Kategorie Home Movie eine ausschließlich männliche Jagdgesellschaft mehr oder weniger orientierungs- und erfolglos herum. Wo bleibt da bloß unsere Vorstellung einer zielstrebig und linear agierenden Männlichkeit? Anders verfahren die beiden Künstlerinnen halt + boring, die - ganz amüsant, aber letztlich doch etwas simpel - in den Kärntner Alpen in Anspielung auf die Biennale-Boys von Gelatin heroisch und stolz mit falschen Gemächten aus Dildos posieren: Die Attrappen führen hier vorschnelle Zuschreibungen ad absurdum. Vielschichtiger hinterfragt Matthias Bade diese identitätsstiftenden Konstruktionen in seinem Gemälde "The Son", in dem er Manets "Frühstück im Atelier" mit seinen eigenen Eltern und sich selbst als dandyhaften "Künstlertyp" mit blonder Perücke nachstellt. Wo nun wirklich der Baum steht, der uns trennte? Damals, im alten Testament, als wir noch Adam und Eva hießen? Keine Ahnung. Und wollen wir ihn eigentlich nun fällen oder nicht?
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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wo steht der baum der uns trennte
15.02 - 15.03.2003

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