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Die Wirklichkeit der Bilder

Ein Rückblick auf die Viennale 2013 Die Viennale ist immer eine Mischung aus vielen Elementen: Es gibt die „Blockbuster“ und die reinen Festivalfilme, neueste Produktionen und Retrospektiven, Dokumentarisches und Fiktionales, Mainstream und Avantgarde. Zu den spannendsten Erlebnissen dieser Ausgabe gehörten zwei Spielfilme, deren Titel sich auf Weltliteratur beziehen: „Medeas“ des Italieners Andrea Pallaoro und „The Selfish Giant“ der Engländerin Clio Barnard. Ein Teil dieser Spannung entstand aus dem Raffinement, mit dem der antike Stoff bzw. das Kunstmärchen von Oscar Wilde mit Geschichten von den Rändern unserer Gegenwart verknüpft sind. Denn wie das geschah, wurde jeweils erst am Schluss wirklich klar. Der Bezug auf die antike Mythologie bzw. auf Wildes Geschichte weitet die Dimensionen und machte das Allgemeingültige sichtbar. Die beiden bemerkenswerten Dramen sind übrigens Erstlingswerke von Regisseuren, von denen man gerne mehr sehen möchte. Spannend waren auch mehrere Essayfilme, in denen ein sehr sehenswerter Mehrwert aus Found Footage generiert wurde. In der indisch-arabischen Koproduktion „Kutchi Vahan Pani Wala“ (From Gulf to Gulf to Gulf) waren es mit dem Handy aufgenommene Videobotschaften, die Matrosen auf Handelsschiffen von unterwegs vom indischen Gulf of Kutch entlang der pakistanischen Küste bis Dubai und zurück an Familienmitglieder nachhause schickten. Gesammelt wurde das Material von Ashok Sukumaran und Shaina Anand, die beim Screening in Wien darauf hinwies, dass sämtliche Musik, die im Film zu hören ist, zusammen mit dem Videomaterial kam. Zu sehen war dann viel Alltag auf den Schiffen, einige spaßige Szenen, manchmal Melancholie, immer wieder fremde Städte und sogar brennende Schiffe. In „The Great Flood“ war es originales Filmmaterial von 1926/27, mit dem der Amerikaner Bill Morrison die Mississippi-Flut von 1927, die größte Überschwemmungs-Katastrophe in der Geschichte der USA, mehr als nur dokumentierte. Nur die Musik von Bill Frisell, die den Film nahtlos überzieht, ist leider nicht immer ganz am Punkt. Zwei visuelle Großereignisse waren österreichischen Filmemachern zu verdanken: „A Masque of Madness“ von Norbert Pfaffenbichler und „Shirley – Visions of Reality“ von Gustav Deutsch. Nach „A Messenger from the Shadows“, in dem es um Lon Chaney, die Ikone des stummen Horrorfilms ging, nahm sich Norbert Pfaffenbichler für das neuestes bildgewaltige Werk aus seiner „Notes on Film“-Serie dessen Tonfilmkollegen Boris Karloff vor, aus dessen 50-jähriger Leinwandkarriere mit ca. 170 verschiedenen Rollen er zahlreiche Ausschnitte zu einem sehr kurzweiligen Experimentalhorrortrip in Spielfilmlänge montierte. Sehr empfohlen, nicht zuletzt, weil er gerade im Stadtkino im Künstlerhaus angelaufen und noch zu sehen ist, sei auch der neue Film von Gustav Deutsch, zu dem es aktuell eine kleine Ausstellung im Künstlerhaus gibt, in der man u. a. durch die Filmkulissen spazieren kann. „Shirley – Visions of Reality“ basiert visuell auf 13 Gemälden von Edward Hopper, die zwischen 1931 und 1965 entstanden sind. Über diesen Zeitraum erstreckt sich auch die fiktive Geschichte der reflektierten und kritischen Schauspielerin Shirley, die von der wunderbaren Tänzerin Stephanie Cumming verkörpert wird. Vermutlich haben sich schon viele gewünscht, mehr über die von Hopper dargestellten Menschen und Räume zu erfahren. In Deutschs Film behalten Hoppers Bilder ihre Geheimnisse und werden bei aller Stilisierung doch zu einem Leben erweckt, das man sich in ihnen vorstellen kann. Das Experiment gelingt vollkommen. www.viennale.at
Mehr Texte von Andrea Winklbauer

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