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Frieze Art Fair 2013: Neues Make Up oder Verjüngung?

Manchmal hält die Kunstwelt noch Überraschungen bereit. Da hatte die Frieze in letzter Zeit nichts unversucht gelassen, um den Bogen zu überspannen und die Welt mit ihrem immer gleichen Top Level-Einheitsbrei zu überziehen und ein bisschen langweilig zu werden. Und dann reformiert sie ihr Flaggschiff, die Frieze in London. Paradoxerweise hat ihr die hausinterne Konkurrenz durch die Frieze Masters augenscheinlich nicht geschadet. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die Verkleinerung auf 152 Galerien macht vor allem den ersten Eindruck deutlich angenehmer. Die Reihen zwischen den Gängen wirken breiter, der riesige Infostand am Eingang wurde drastisch beschnitten. Zum luftigeren Eindruck der Vernissage dürfte allerdings auch die rigidere Einlasspolitik beitragen. Für den Eröffnungstag wurden 24 Prozent weniger Tickets ausgegeben. Doch die Neuerungen beschränken sich nicht auf solche Oberflächlichkeiten. Am Augenfälligsten wird das durch die Ausstellerplatzierung. Da scheint alles durcheinandergewirbelt, fast nichts ist mehr so, wie man es gewohnt war. Die prominenten Großgalerien sind immer noch prominent platziert, doch oft nicht mehr an der gewohnten Stelle. Der Direktor einer der größeren Galerien meint: "Es ist schon auffällig, dass anstelle von Gagosian jetzt der Stand eines neuen Jury-Mitglieds ist. Aber es stimmt: Insgesamt sieht es frischer aus. Und wir sind mit unserer Position zufrieden; wir haben auch alles verkauft." Eine Strategie in dieser Platzierungs-Scharade zu erkennen, fällt nicht leicht. Doch liegt nicht fern anzunehmen, dass es dabei durchaus darum geht, eine darunterliegende Reise nach Jerusalem zu kaschieren. Rund 20 Galerien sind dieses Jahr nicht mehr dabei und nicht alle werden freiwillig oder wegen "konzeptioneller Neurorientierung" - wie die Geschäftsaufgabe in Galeriekreisen gerne genannt wird - ausgeschieden sein. Jedenfalls ist kein Aussteller vollständig zur Frieze Masters gewechselt (ein Dutzend Galerien stellt auf beiden Messen aus). Der Abgang einiger prominenter Berliner Galerien (aus verschiedenen Gründen; s.o.) rückt jedoch andere Protagonisten in den Blick. Unter anderem haben die jüngeren Galerien aus Berlin einen starken Auftritt. Plan B aus Cluj/Berlin hat Navid Nuur eine Einzelpräsentation eingerichet. Und zum Teil schon verkauft, unter anderem an eine deutsche Bank. Galerist Mihaj Pop ist von seiner fünften Teilnahme begeistert. Ihn erinnert das Besucherwogen an Ballett. Als folgten sie einer geheimen Choreographie wechselten sich Kuratoren, Sammler und Berater an seinem Stand ab, so seine Beobachtung. Aanant & Zoo, ebenfalls Berlin, haben dem Kroaten Vlado Martek gleich eine Art kleiner Retrospektive ermöglicht, mit Arbeiten seit den 70er Jahren. Zu Preisen zwischen 1.000 und 3.000 Euro fand die etwas verschrobene Konkrete Poesie schnell Freunde, darunter ein griechisches Museum. Überhaupt die Verkäufe. Die scheinen in diesem Jahr wieder besser zu laufen. Arne Ehmann von der Salzburger/Pariser Galerie Ropac meint, so eine gute Preview habe er schon länger nicht mehr in London erlebt. Unter anderem hätten alle sieben Exemplare einer Baselitz-Großskulptur zu je 1,5 Mio Euro Käuf gefunden. ("Aber nicht alle auf der Messe.") Käufer seien vor allem Brasilianer und Deutsche; letztere gehörten sowieso zu den treuesten Sammlern. Brasilianer trugen auch bei Alison Jacques aus London zum Umsatz bei. Wenn sich allerdings noch zwei institutionelle Ankäufe vom Masters-Stand realisierten, wäre das die beste Frieze je für die Galerie. Noch weiß niemand zu sagen, wohin die Reise für die aufgefrischte Frieze geht, ob es sich um eine echte Verjüngung oder nur neues Make Up handelt. Doch die Stimmung ist nicht schlecht, und das ist bei Kunstmessen ja schon die halbe Miete.
Mehr Texte von Stefan Kobel

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Frieze Art Fair 2013
17 - 20.10.2013

Frieze Art Fair
NW1 4RY London, Regent`s Park
Tel: + 44 (0)20 7025 3970, Fax: +44 (0)20 7025 3971
Email: info@friezeartfair.com
http://www.friezeartfair.com


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