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Richard Jackson

Vor mehr als zehn Jahren kam mir der Künstler in Wien unter (siehe dazu meinen Text „Plumeau bis Plafond“ im artmagazine). Dann gab es Richard Jackson in einer Ausstellung in Rottweil zu sehen, er war 2008 der zweite Träger des Erich-Hauser-Kunstpreises. „Big Pig“ hieß die Schau, und das war buchstäblich zu verstehen, sowohl was die Größe als auch was die gelinde Ferkelei betrifft, die hier der Kunst einhergeht. „Ain't Painting a Pain“ heißt es nun in der Villa Stuck, die man zum Beispiel besuchen könnte, wenn man anlässlich der Open Art, die die Münchner Galerien an diesem Wochenende veranstalten, ohnedies in der Stadt ist. Noch bis 13. Oktober überzieht Jackson das von Stilwollen überquellende Domizil des weiland Künstlerfürsten mit seiner eigenen, etwas weniger strengen Überbordendheit. Die Ausstellung ist nicht weniger als eine Retrospektive auf mehr als vierzig Jahre Schaffens zwischen Peripherie und Paradigmatik. Richard Jackson. Ain't Painting a Pain – Malerei und Installationen 1969–2012, Museum Villa Stuck, München, 2013, Foto: Nikolaus Steglich In "Notes on Sculpture", seiner frühen, einflussreichen Auseinandersetzung mit Begriff und Phänomen einer veränderten Plastik findet Robert Morris zu einer sehr einleuchtenden Darstellung der großen Dimension. Morris, der frühe Vertreter der Minimal Art, begibt sich dabei auf das Terrain der Soziologie: Das Großformat, so Morris im Jahr 1966, sei „eine der notwendigen Bedingungen dafür, Intimität zu vermeiden“. Denn „die Eigenschaft des Öffentlichen wächst in eben dem Maße, wie die Größe relativ zu uns zunimmt.“ Jackson ist Jahrgang 1939. Der Beginn seines Oeuvres fällt genau in jene Zeit, als neu justiert wurde, was Kunst ist und wodurch sie sich auszeichnet. Gattungsfragen wurden neu gestellt, der Begriff des Werks und die Konzeption von Autorschaft umdefiniert. Skulptur, Morris’ Text steht dafür beispielhaft, war nun weniger das autonome, in sich gekehrte, auf Vollendung und Prägnanz erpichte Einzelstück als dass sie als Prozess verstanden wurde. Skulptur wurde synonym mit Ereignis, mit Handlung, mit Situation und mit dem Ort, an dem sie präsentiert wurde. Skulptur wurde Malerei, und beides wurde multipel, schillernd und polyvalent. Es konnte ausufern, sich mit dem Chaos verbinden und das Wissen nach außen tragen, dass mit jedem Versuch, Ordnung zu schaffen, immer Unordnung entsteht – Entropie, das Gesetz aus der Thermodynamik, das davon handelt, dass physikalische Stoffe dazu tendieren, sich in die Ununterscheidbarkeit zu vermischen, wurde in dieser Zeit zu einer Prämisse der Ästhetik. Skulptur wurde Malerei wurde Installation wurde Öffentlichkeit. In Jacksons Heimat Kalifornien waren derlei Überlegungen ohnedies präsenter als an der amerikanischen Ostküste, wo die Pop Art ihr Regiment führte. In Wüstengegenden und Orten mit erhöhter Erdbebengefahr ist die Bereitschaft, sich mit dem Chaotischen ins Benehmen zu setzen, womöglich ausgeprägter, und bis heute ist Kalifornien die Kunstlandschaft, in der die Exuberanz, die Buntheit und die Überfülle blühen: von den Environments des Edward Kienholz in den sechziger Jahren über die Schauräume von Mike Kelley und Paul McCarthy seit den Achtzigern bis zu den monströsen Kojen des viel zu früh verstorbenen Jason Rhoades. Mit diesen Namen und Konzeptionen sind auch Kollegen und Schüler genannt, denen Jackson sich verbunden fühlt. Womit jetzt in München Bekanntschaft zu schließen wäre, ist dann so etwas wie ein Original. www.villastuck.de www.openart.biz
Mehr Texte von Rainer Metzger

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