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Anja Manfredi - Bewegungsbilder: Hysteriker im Teppichladen

Das Gerät erinnert ein wenig an die Skulpturen von Alexander Calder. Allerdings handelt es sich um eine sogenannte Korsettschnürmaschine, entlang der sich die Performerin bewegt – sie dreht sich flink um die eigene Achse, lacht, schwankt, kurz: konterkariert das brutale Gerät mit schwebender Leichtigkeit. Auch ihre Nachbarin – hier handelt es sich um die Künstlerin Katrina Daschner – geht recht leger mit den Zurichtungsgegenständen zur hübschen Drapierung menschlicher Körper um: Zwei Stangen, die das Foto-Posing unterstützen sollen, durchquert sie zackig, angetan mit geblümten Kleid und Hut, lächelt wie eine kokette Stummfilmdiva und entschwindet schließlich, nachdem sie das Kleid bis zur Hüfte ausgezogen hat. Und dann gibt es noch jene Frau, die elegant entlang einer Ballettstange Arme und Beine bewegt. Anja Manfredis Projektion dreier 16mm-Filme ist das Herzstück ihrer Ausstellung im Ostlicht, eine Art Early-Mid-Career-Survey. Davon ausgehend, übertrug die Künstlerin die Bewegungen in abstrakten Notationen auf Papier sowie auf Vorhänge, die wiederum auf das Kino anspielen sollen und die Schau rhythmisieren. Dazwischen präsentiert sie ihr mittlerweile bekanntes „Archiv der Bewegungen“, ihre Re-Enactments historischer Tänzerinnen – Collagen, auf denen sie etwa gemeinsam mit Kollegin Roberta Lima Isadora Duncan imitiert – sowie neuere Arbeiten, etwa die in Entwicklungsgefäßen gezogenen Pflanzen oder ein kürzlich entstandenes Selbstporträt. Manfredis Arbeiten, so zeigt sich in dieser Überblicksschau, hat durchaus komödiantische Momente, etwa wenn sie auf übertriebene Art die ohnehin schon expressiven Gesten der Duncan karikiert. Doch es geht um mehr, die Vermessung des Körpers, dessen prekärer Existenz zwischen Freiheitsdrang und Zurichtung, um Geschlechterstereotype – herrlich zugespitzt etwa in der Serie „Wiener Teppichläden“, in denen sie einen Mann als Hysteriker (oder Hysterikerin) in titelgebenden Lokalitäten posieren lässt. Etwas blutleer wird es dort, wo über das Medium der Fotografie reflektiert wird: Fotogramme von Filmmaterial, das „auf den fotografischen Träger zurückgeworfen“ wurde – derlei hat weder Manfredi noch die Kunst mehr notwendig.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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Anja Manfredi - Bewegungsbilder
03.10 - 21.12.2013

Ostlicht
1100 Wien, Absberggasse 27
Tel: +43 1 9962066 , Fax: +43 1 9962066-66
Email: info@ostlicht.at
http://www.ostlicht.at
Öffnungszeiten: Mi-Sa 12-18 h,
Bibliothek Mi-Fr 12-18 h


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