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Robert Häusser 1924 - 2013

Die ästhetische Sehnsucht nach starken Kontrasten muss in der Fotografie nicht unbedingt ins Schwarzweiße führen, bei Robert Häusser indes war es tatsächlich so. Farbe war ihm einfach „zu geschwätzig“. Noch vor der Bilderflut im Vierfarbdruck war er schon da. Er ging, als das Digitale die Bilder übernahm. Und dennoch, in einer Epoche, in der eine Computergeneration gerade mal zwei Jahre alt wird, ist er immer noch da : ein Saurier der Fotografie. Will sagen – war er da. Am Montag den 5. August ist Häusser, einer der letzen Vertreter der Fotografie der klassischen Moderne, im Alter von 88 Jahren gestorben. Markierungen, Zeichen in der Landschaft, im Alltag, hat diese weit über 50 Jahre tätige, durch und durch fotografische Existenz gesetzt. Ihm erst im Jahre 2000 den renommierten „Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie“ zu verleihen, beschrieb nicht zuletzt ein Versäumnis. Arbeiten von Häusser wurden in über 150 Einzelausstellungen in Museen und Galerien im In- und Ausland gezeigt. Häuserfassaden im scharfen Schlagschatten des Abends, überbelichtete Fahrbahnmarkierungen am Dunkel des Asphalts oder die rasierklingenhafte Silhouette eines Wracks über der Horizontlinie eines schwarz unterbelichteten Steinstrands: Fotografisch dokumentierte, nicht minder inszenierte Objekt-Charaktere, Dinge des Lebens, die so anscheinend noch nie visualisiert wurden. Richtig in Schwung kommt sein beruflicher Lebensweg erst 1949, nach dem Krieg, als der 1924 in Stuttgart Geborene noch an den elterlichen Bauernhof in Brandenburg gebunden ist. Aus einer Jugendliebe zur Fotografie mit bildjournalistischem Volontariat, wird erst jetzt eine pädagogische Disziplinierungsmaßnahme: die nahe Kunstschule Weimar und die Architekturfotografie Walter Heges sorgen dafür. Erste Präsentationen in den Gründerjahren der Photokina (1950) weisen indes westwärts. Die Familie lässt sich 1952 in Mannheim nieder und Häusser gründet nicht minder eine neue Existenz. Was bis 1972 folgte, war freies fotografisches Unternehmertum, Auftragsarbeiten für Verlage und die Industrie, damit zusammenhängende Reisen nach Südamerika, Ostasien, in die USA. Damals war so etwas noch möglich. Mit gerade knapp 50 Jahren bricht er ab, widmete sich nur noch der freien Arbeit. Häusser wird zum fotografischen Medien-Pionier. Schon in frühen Jahren hatte er Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst organisiert. Als erster Fotograf wird er jetzt er in den Deutschen Künstlerbund aufgenommen. Dass Fotografie zu den grafischen Künsten zählt, hat sich mittlerweile in Deutschland herumgesprochen. Auch dies ein Mitverdienst Häussers. Die immer wieder heroische Einsamkeit seiner fotografischen Bilder, seine wohl prinzipielle Neigung zum Betitelungspathos („Einsames Objekt“, „Das Spiel ist aus“ , „Unwirkliche Landschaft“), sprechen nicht gerade gegen eine deutsch zergrübelte Seele. Selbst am Straßenrand weiß leuchtende Leitplanken werden mit offensichtlicher Skepsis übergossen: „Relative Orientierungen“. Im „Selbst“ genannten Selbstporträt von 1981 doppelbelichtet er sich geradezu monadenhaft in ein morbid zerbröckeltes Interieur. Entstanden ist so eine dunkle Seelen-Kapelle mit dem gleißenden Fenster-Kreuz-Schatten auf dem Oberkörper des Fotografen. Das ist realistisch, magisch und surreal zugleich - und steht insgesamt für den unbedingten Kunstwillen dieses Fotografen. Sein Bekenntnis zur Handwerklichkeit des technischen Fotogewerbes fiel jedoch nicht minder rigoros aus. Menschenleere Endzeitbilder, das Aufdecken der Wirklichkeit hinter dem düster sichtbar Gemachten der Dinge? Ja und nein. Denn im Mittelpunkt steht auch bei Robert Häusser der Mensch: als Adressat einer fotografischen Kunst aus den Zeichen einer Welt, die das dritte Auge mit dunkler Deutlichkeit zu erklären versuchte.
Mehr Texte von Roland Groß

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