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Fest der Kritik

Wie schön, wenn man sich als kunstsinniger Mäzen präsentieren kann! Nichts anderes tat Alexander Wrabetz, als er nun die gesicherte Finanzierung des Bachmann-Preises verkündete. Schon durfte er fürs Foto neben den siegreichen Autoren und Autorinnen posieren. Immerhin löste seine Überlegung, die 350.000 Euro aus der ORF-Kassa für die „Tage der deutschsprachigen Literatur“ einzusparen, eine lebhafte Debatte über deren Sinn und Zweck aus. Denn schließlich wurde die Veranstaltung – auch – heftig kritisiert: Im „Spiegel Online“ jubilierte Georg Diez voreilig über ihre Abschaffung; Egyd Gstättner fand es „schweinedemütigend“, dass die Teilnehmer „dem Kritiker seine Kritik (nicht) sofort in seinen Rachen zurückstopfen“ dürfen („Die Presse“, 30.6.). Ein Kolumnist reklamierte gar im Nachhinein hellseherische Qualitäten für sich. Er habe den Bachmann-Preis „schon als degoutanten Zwitter aus ‚Kärnten sucht den Superdichter’ und ‚Dschungelcamp’ (empfunden), als solche Formate noch lang nicht erdacht waren“, schrieb Heinz Sichrovsky in „News“. Und sogar der Festredner des Preises, Michael Köhlmeier, kritisierte über weite Strecken seiner Anti-Laudatio das Event. Er erinnerte an Jörg Fauser: Dieser sei seinerzeit von der Jury übel zerlegt worden – und habe den Schluss gezogen, dass es sich bei dem Wettlesen nicht um ein Fest der Literatur, sondern ein Fest der Literaturkritik handle. Man kann Fauser nur zustimmen: Ein Fest der Literaturkritik, ein Fest der Kritik schlechthin sogar ist der Bachmann-Preis! Fragt sich nur, was daran schlecht sein soll. Vor allem, zumal die Jury zunehmend sachlich, ohne Untergriffe diskutiert. Wo sonst kann man intelligenten Menschen beim öffentlichen Nachdenken und Diskutieren zusehen? Wo sonst lässt sich in Realzeit beobachten, wie Argumente aufeinander stoßen, wie Sichtweisen einander widersprechen oder aber ergänzen, wie Kritiker und Kritikerinnen ihre Urteile verteidigen und rechtfertigen müssen? Mir fällt wenig bis nichts ein. Setzt man dieses „Fest der Literaturkritik“ in Relation zu den permanent abgehaltenen Feierlichkeiten der Künste selbst, dann bleibt es ohnehin marginal. Und es mutet seltsam an, mit welchem Furor gegen jene angeschrieben wird, die sich Tag und Nacht den Kopf über die Kunst zerbrechen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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