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Alphons Mucha in den USA, Böhmen und Mähren: Zwischen Ivancice und St. Louis

Es war ein paradigmatisches Zusammentreffen von Zeitgeist und künstlerischer Sprache: Alfons Muchas Plakate trafen den Nerv der Jahrhundertwende so exakt, dass sie heute fast synonym für den Jugendstil stehen. Die Ausstellung der Galerie der Stadt Bratislava zeigt nicht die in Paris entstandenen bekannten Plakate für Sarah Bernhardt oder das Zigarettenpapier \"Job\", sondern beleuchtet seine Zeit in der Tschechoslowakei und, in wenigen Beispielen, in den USA. 1860 im südmährischen Ivancice geboren, blieb Mucha bis zu seinem Tod 1939 dem slawischen Kulturkreis eng verbunden. Höhepunkt seines Slawismus war der monumentale Ölbildzyklus des \"Slawenepos\". In Bratislava wird eines der riesigen Bilder gezeigt, die, in den zwanziger Jahren entstanden, völlig dem Typus späthistoristischer Historienmalerei der Jahrhundertwende entsprechen. Nicht nur hier wird deutlich, dass sich eine Mucha-Ausstellung auch mit der Rezeptionsgeschichte befassen müsste. Wie wirkten seine noch für das sprichwörtliche Lieschen Müller sofort identifizierbaren langhaarigen Belle-Époque-Schönheiten, als der Zeitgeist bubiköpfige Garconnes bevorzugte? Und wer gab Mitte der Zwanziger jene Bleiglasfenster mit Allegorien der Morgen- und Abendröte in Auftrag, die man ohne Zögern zwanzig Jahre früher datieren würde? Man erfährt es nicht, sieht aber erstaunliche Zeugnisse eines umfangreichen Werks, das neben Plakaten für Lotterien, Landwirtschaftsausstellungen, Versicherungen und Banken, oft mit regionalen Bezügen nicht zuletzt in den minuziös dargestellten Trachten, auch Banknoten und Briefmarken umfasste. In der Welt der mährischen Bauern ist auch der Zyklus der sieben Seligpreisungen angesiedelt, von der gramgebeugten jungen Witwe bis zum debilen Gänsehirten. Ergänzt wird die Auswahl durch einige der weniger bekannten Fotos, die Mucha als Vorlagen für seine Kompositionen anfertigte, oft mit seiner Tochter. Als sie im ersten tschechischen Tonfilm spielte, war die Epoche ihres Vaters bereits tiefe Vergangenheit.
Mehr Texte von Iris Meder †

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Alphons Mucha in den USA, Böhmen und Mähren
15.11.2002 - 19.01.2003

Galerie der Stadt Bratislava (Galéria mesta Bratislavy)
81101 Bratislava, Pálffyho Palác, Panská 261/19
Tel: +421-2-54 43 36 27
http://gmb.bratislava.sk/
Öffnungszeiten: täglich außer Mo 10.00 bis 18.00 Uhr


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