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Kunstwerkvermiesung

Ich gehe in eine Galerie, in der man mich nicht kennt. Ich sehe ein Bild/Objekt, das mir gefällt. Ich bleibe länger als fünf Sekunden davor stehen. Schon wieselt eine Galeriebesitzerin, ein Galeriebesitzer auf mich zu. „Ich sage Ihnen gerne etwas zu dieser Arbeit.“ – „Nein danke, ich sehe sie mir deshalb an, weil ich sie schön finde.“ Das mir entgegengebrachte Unverständnis ist fühl- und greifbar. „Aber der Künstler wollte etwas völlig anderes, er wollte….“ eine fremdwortgespickte Erklärungssuada folgt – ich unterbreche mit Beharrungsbeschluss – „Die Arbeit ist für mich einfach schön.“ “Aber der Künstler wollte doch…“ - ich höre nicht mehr zu und gehe ab. Oder ich nehme an einer Führung in einem Museum teil. Wir kommen in einen Saal, die Erklärerin strebt auf ein Bild zu und beginnt dieses mit Verve zu verwissenschafteln und verfremdworteln. Mir gefällt das Bild daneben und ich betrachte es mir genauer. Sofort bohren sich die bösen Blicke in meinen Rücken. Also niemals wieder eine Führung. Oder ich stehe in meiner Galerie, jemand betrachtet eine Zeichnung, schaut fast hilfesuchend in meine Richtung – „Kann ich was für Sie tun?“ – „Was will mir der Künstler da sagen?“ – „Das, was Sie sehen, empfinden, fühlen, ist das, was Ihnen diese Zeichnung bedeutet. Es ist zwar die Zeichnung des Künstlers, wenn Sie diese aber empathisch betrachten, dann ist sie in diesem Moment ganz allein Ihre Zeichnung.“ Das liebe Glossenfreundinnen und –freunde wollte ich nur einmal sagen. Vertraut einfach nur Euren Augen, Euren Empfindungen, Euren Eindrücken und ignoriert die erklärgeilen und intellektualisierenden Ausführungen von KünstlerInnen und KuratorInnen. Sie vermiesen einem nur die eigene Entdecker- und Empfindungsfreude beim Betrachten eines Kunstwerks.
Mehr Texte von Manfred M. Lang

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Ihre Meinung

4 Postings in diesem Forum
An M. Lang
Paul C. | 25.06.2013 09:35 | antworten
Monsieur, "... Ich habe Ihnen nur wenig zu sagen; man spricht in der Tat mehr und wohl besser über Malerei, wenn man sich vor dem Motiv befindet, als wenn man sich in rein spekulativen Theorien ergeht, in denen man sich sehr häufig verirrt." (Aix, 28. Jänner 1902) Paul C.
Galeristin
Boher Elfi | 01.07.2013 07:24 | antworten
Lieber Herr Lang - vollkommen einverstanden. Kein Geschwafle nötig. Doch Vertrauen in das eigene Sehen ist vielleicht auch eine Lernaufgabe?
Tja, Manfred M. Lang braucht kein ...
Walter Stach | 02.07.2013 12:10 | antworten
... Wissen um Kunst, ihm genügt der Glaube an die Unbefleckte Empfängnis des Auges.
Schöner Traum
Mason Ellis Murray | 02.07.2013 03:27 | antworten
What a nice, innocent dream! But in fact there ain't no art in this whole world without its proper discourse. Has never ever been different. Solipsism doesn't work. It is an important aspect, though, yet it cannot be turned into the guiding, the ruling principle. What misleads you is the BAD QUALITY of the discourse you encounter so often … But that is a different story altogether M.E.M.

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