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Große Welt in Zell am See

Alfons Walde und Josef Binder waren die Großen. Ihr Einfluss auf die österreichische Werbegrafik der Zwischenkriegszeit ist unverkennbar: zähnebleckende Bergfexe, elegante Skigirls, blaue Schneewächten, im Hintergrund gerne ein verträumtes Dorf mit spitzem Kirchturm. Der Großteil der im (sujetgemäß bitterkalten) Prunksaal der ÖNB gezeigten Winterplakate stammt aber von Grafikern wie Arthur Zelger. Die Aufarbeitung der Biografien dieser weniger bekannten Grafikdesigner ist eines der Verdienste der Ausstellung und ihres hervorragenden Katalogs. Zelger gestaltete vor allem Tirol-Plakate, auch das bekannte typografische Tirol-Logo. Sein Plakat der Olympischen Winterspiele in Innsbruck 1976 ist in seiner abstrahierten Grafik schon anachronistisch, zählt aber (gerade deshalb?) zu den schönsten. Die ambitionierte Typografie polnischer oder tschechischer Designer sucht man indes meist vergebens. Nach State-of-the-art-Plakaten wie dem der Internationalen Hochschul-Winterspiele in Zell am See 1937 war derselbe Stil in den Vierzigern und Fünfzigern veraltet. Spätestens ab den Siebzigern setzte man auf Fotosujets, deren größere Wirksamkeit die Marktforschung ergeben hatte. Das Bewusstsein für subtile grafische Gestaltung scheint damit abrupt abgesunken zu sein, wie die wenigen Fotoplakate der Zusammenstellung deutlich machen. Für Kurator Christian Maryska liegt hier auch der chronologische Schlusspunkt der Schau. Die Einführung der 1000-Mark-Sperre durch die Nationalsozialisten erforderte massive neue Werbekampagnen. Da sieht man, auf einem in mehreren Sprachen gedruckten Plakat, die Wiener Höhenstraße, an der Gäste in einem (schwer verortbaren) Café vor dem Hintergrund eleganter Limousinen und des verschneiten Wien sitzen. Im Zuge der Wien-im-Winter-Propaganda mutiert selbst der Stephansplatz zum lichterglänzenden Times Square und der Dom zum Art-Déco-Skyscraper. Wenig später wurde mit dem "Anschluss" der Strom der Moderne endgültig abgedreht.
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