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Nix wie hin!

Es war eine witzige Aktion: 2003 ließ Roman Ondák Statisten vor dem Kölner Kunstverein Schlange stehen, geradezu, als würde man dort Freibier ausschenken. Hätte Ondák die Arbeit („Good Feelings in Good Times“) auf der diesjährigen Biennale gezeigt – dann wäre der Unterschied zur Realität nur schwer kenntlich gewesen. Denn dort begannen sich irgendwann die Menschenschlangen zwischen dem deutschen und dem französischen Pavillon zu umschlingen, Wackere berichteten von eineinhalb-, sogar zweistündigen Wartezeiten. 120 Minuten unserer Lebenszeit, um zwischen Ai Weiweis Stühlen zu wandeln, sich über Romuald Karmakars platt geratene Videoarbeit zu ärgern – oder in Anri Salas eh recht durchdachter, aber sonst nicht wirklich überzeugender Installation klavierspielende Hände zu beobachten? Vielen war es das offenbar wert. In Wien genießen Besucherschlangen vor Kunstinstitutionen leider einen gewissen Seltenheitswert. Aber man hätte natürlich gern welche, so wie in Berlin, Madrid, Paris, London oder New York. Zum Beispiel in der Kunstkammer. Schon Monate vor der Eröffnung warb das Kunsthistorische Museum für „Zeitfenstertickets“, die man sich schleunigst sichern sollte; bis heute kann man sie online reservieren. Oder man kauft sich gleich ein Jahresticket: „Ohne Wartezeit ins Museum“! Damit man sich nicht vor den goldenen Containern anstellen muss, wo gschaftig Absperrbänder installiert wurden. Beinahe kann man den Eindruck gewinnen, als wolle ganz Wien, ganz Österreich, die ganze Welt nur eines: Hier rein. Allerdings drängt sich das Publikum am Maria-Theresien-Platz keineswegs; vergangenen Samstagnachmittag etwa, ungefähr gegen 13 Uhr, bestand die Schlange vor der Behelfsarchitektur aus exakt zwei Personen. Eine ebenfalls überschaubare Anzahl an Personen besuchte dem Vernehmen nach das Festival mit dem Titel „What Would Thomas Bernhard Do – WWTBD“ in der Kunsthalle. Dort gab man sich angesichts der erwarteten Besuchermassen noch aufgeregter als im Kunsthistorischen. Als handle es sich nicht um eine etwas willkürliche Assemblage von Veranstaltungen aller Art, sondern um ein Madonna-Konzert, trommelte man Wochen vorher die Mitteilung, dass nun „der offizielle Vorverkauf“ für das Festival starte. Also nix wie hin! Da wie dort war offenbar bloß der Wunsch der Vater des Gedanken. Oder sollte diese Art von Eigen-Hype ein größeres Publikum anziehen? Vielleicht sollte man beim nächsten Mal gleich Schwarzmarkt-Tickets anbieten, das würde die Sache noch spannender machen.
Mehr Texte von Nina Schedlmayer

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2 Postings in diesem Forum
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Günter Stickler | 18.06.2013 09:20 | antworten
gehört zum Handwerk! Erwähnenswert ja auch die goldenen Fahrradhelme der Kunstkammer, mit denen man jetzt prächtig andere Verkehrsteilnehmer blenden kann. Daran hat im KHM natürlich niemand gedacht ...
Klappern
Günter Stickler | 18.06.2013 09:21 | antworten
gehört zum Handwerk! Erwähnenswert ja auch die goldenen Fahrradhelme der Kunstkammer, mit denen man jetzt prächtig andere Verkehrsteilnehmer blenden kann. Daran hat im KHM natürlich niemand gedacht ...

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