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8. Berlin Biennale - Museen Dahlem: Übersichtliche Beiläufigkeit

Nach der äußerst sperrigen 7. Berlin Biennale für die 2012 Artur Żmijewski verantwortlich zeichnete, kehrt die 8. Ausgabe unter der Leitung von Juan A. Gaitán zu einem bewährten Kunst- und Werkbegriff zurück. Mit 53 Teilnehmern wurden 80 % Neuproduktionen für die Biennale realisiert, die sich auf drei Schauplätze aufteilen. Das Gros befindet sich in den Museen Dahlem, gefolgt von den Kunstwerken in Mitte und dem Haus am Waldsee. Die Präsentation erfolgt übersichtlich zumeist in einzelnen Künstlern gewidmeten Räumen, was dem Eintauchen in die vielfach aus mehreren Exponaten zusammengestellten Werke zu Gute kommt. Als wesentliche Dispositive fungieren laut Gaitán „Urbanität“ unter ausdrücklichem Bezug auf Berlin, dem Verhältnis von Innen und Außen, Mitte und Peripherie sowie „Musealisierung“ als spezifische Form der Vermittlung von Kultur an Hand von materiellen Objekten. Angesichts der Vielzahl außereuropäischer Künstler erscheint hierbei die Entscheidung für das Museumszentrum Dahlem mit seinen völkerkundlichen Sammlungen als keine zufällige Wahl, da vor allem hier und weniger in Kunstmuseen die Vorstellung der Kulturen außerhalb Europas geprägt wird. Dass Gaitán selbst in Mexiko Stadt beheimatet ist, dürfte von Bedeutung sein und stellt auch im übertragenen Sinne die Frage nach der Verortung von Mitte und Peripherie. Die ausgestellten Werke stehen in einem geradezu altmodisch-anschaulichem Verhältnis zu den Fragestellungen Gaitáns, die möglicherweise auch die Frage nach einem allzu illustrativem Verhältnis zwischen der Kunst und dem kuratorischem Konzept aufwerfen. So vermitteln gleich die ersten drei Werke zwischen der Zone vor dem Museum und der Sammlung. Vor dem Haupteingang an der Lansstraße stehen künstlerisch gestaltete Straßenschilder von Beatriz González (*1933, Bucaramanga), inspiriert von deutschen Warnschildern. Im Foyer folgt eine Werbevitrine von Michael Stevenson (*1964, Inglewood) die eine Überblendung anachronistisch kombinierter Nachrichten mit Werbebotschaften generiert. Olaf Nicolai (*1962, Halle/Saale) holte zusätzlich Laternen im Stil der Spätmoderne in den Übergang zwischen Foyer und Sammlung, wo der Boden mit einem Dekor aus weißen Vielecken versehen wurde, inspiriert von der Verkachelung eines Einkaufscenters im Ostteil Berlins, der auch als Ausstellungsort für die Biennale diskutiert wurde. Das Thema „museale“ Präsentation findet verteilt im Haus unterschiedliche Lösungen. So ist die Ausstellung von Mario García Torres (*1975, Monclova) über den experimentellen Musiker Conlon Nancarrow (1912-1997) kaum von einer „regulären“ Ausstellung zu unterscheiden. Selbiges gilt für Natasha Ginwala (*1985, Pune) die sich unter Verwendung historischen Materials auf die Spur mehrerer Kulturforscher des 19. Jahrhunderts begibt. Alberto Barayas (*1968, Bogotá) vergleichende Studie künstlicher Blumen und Pflanzen versucht die Strategien naturwissenschaftlicher Systematisierung hinsichtlich ihres Realitätsgehalts wahrnehmbar zu machen. Und auch Wolfgang Tillmans (*1968, Remscheid) steuert, unter Verwendung der Originalvitrinen und -tafeln, als kritischen Beitrag die Frage nach der Autorschaft bei und wie real Beobachtetes in Modelle und exemplarische Formationen übersetzt wird. Das die Wege zwischen den Ausstellungsbereichen der Biennale immer wieder die Konfrontation mit den Sammlungen erzwingt, die keineswegs einer einheitlichen Inszenierung der Themen und Objekte unterliegen, ist eine Qualität dieser Präsentation, die in ihrer Beiläufigkeit besticht.
Mehr Texte von Thomas W. Kuhn

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8. Berlin Biennale - Museen Dahlem
29.05 - 03.08.2014

Museen Dahlem
14195 Berlin, Lansstraße 8
http://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/museen-dahlem/home.html
Öffnungszeiten: Di-Fr 10 - 18, Sa, So 11 - 18h


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